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# taz.de -- Anti-Nazi-Aktivistin: „Ich kann's ja nicht lassen“
> Die Berlinerin Irmela Mensah-Schramm hat in Bautzen Nazi-Parolen
> übersprüht – und erneut eine Anzeige wegen Sachbeschädigung kassiert.
Bild: Irmela Mensah-Schramm lässt sich das Sprayen gegen Rechts nicht verbieten
taz: Frau Mensah-Schramm, Sie wurden erneut wegen Sachbeschädigung
angezeigt. Was ist in Bautzen passiert?
Irmela Mensah-Schramm: Ich bin rückfällig geworden, ich kann's ja nicht
lassen. Ich hatte schon lange vor, nach Bautzen zu fahren. Dort habe ich
auch sofort einschlägige Sachen gefunden. „Demokratie = Volkstod“ zum
Beispiel, da habe ich das zweite Wort mit einem großen Herz übersprüht.
Außerdem stand da auch noch „Antifa verrecke“ und eine „88“. Dann habe…
auf einem Verteilerkasten die Worte „Nationaler Sozialismus“ entdeckt und
dachte mir, das kann nicht wahr sein, jetzt reicht's. Ich habe das erste
Wort übersprüht, „Sozialismus“ kann ja stehenbleiben. Dabei bin ich prompt
erwischt worden von einem Bundespolizisten außer Dienst, der gleich seine
diensthabenden Kollegen alarmiert hat. Die haben dann Anzeige wegen
Sachbeschädigung erstattet.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich habe ihnen direkt auf dem Display meine anderen Schandtaten gezeigt,
damit sich das für die lohnt. Einer der Polizisten hat gesagt: „Wer so
etwas macht, ist kriminell.“ Dann hat er mir die Farbdose abgenommen. Als
ich ihm gesagt habe, man kann so eine „88“ nicht einfach stehenlassen, weil
das ein strafbares Zeichen ist, meinte er doch tatsächlich, für ihn sei das
nur eine Zahl. Daraufhin habe ich eine Dienstaufsichtsbeschwerde und
Anzeige wegen Beleidigung gegen ihn erstattet.
Sie gehen seit 30 Jahren aktiv gegen rechte Schmierereien vor. Sind Sie
Reaktionen wie in Bautzen gewöhnt?
Ich muss sagen, in den 30 Jahren bin ich noch nie so massiv von Bürgern
angegangen worden wie am 3.11. in Bautzen. Da kamen alte Damen zu mir und
haben mich gefragt, ob ich keine anderen Sorgen hätte. Das ist ja meine
Sorge, dass die andere Sorgen haben.
Im Oktober haben Sie einen Strafbefehl erhalten: Falls Sie innerhalb eines
Jahres wieder eine rechte Schmiererei übersprühen, müssen Sie bis zu 1800
Euro Geldbuße zahlen. Welche Folgen hat die erneute Anzeige nun für Sie?
Ich warte erst einmal ab, bis mir etwas zugeschickt wird. Darauf werde ich
bündig antworten, dass die Schmierereien, die ich in Bautzen übersprüht
habe, dort nicht erst seit gestern sind. Die dürfen von Rechts wegen dort
aber nicht stehen bleiben, weil die Sprüche strafrechtlich relevant sind.
Dann gibt es einen Strafbefehl, gegen den werde ich Widerspruch einlegen.
Und dann kommt der Prozess. Das kenne ich ja schon. Meinetwegen sammle ich
Strafanzeigen wie andere die Pfandflaschen.
Haben Sie eine weitere Anzeige provoziert?
Nein. Das war keine Trotzreaktion, sondern ich mache einfach so weiter wie
bisher. Man kann doch von mir nicht erwarten, dass ich an solchen
Schmierereien vorbeigehe. Das wäre die größere Strafe für mich.
16 Nov 2016
## AUTOREN
Elisabeth Kimmerle
## TAGS
Aktivismus
Bautzen
Irmela Mensah-Schramm
Schwerpunkt Flucht
Irmela Mensah-Schramm
Bautzen
Schwerpunkt AfD
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