# taz.de -- Umstrittener Berliner Integrationsforscher: Koopmans fühlt sich an… | |
> Muslime integrierten sich weniger als andere Gruppen – so eine von Ruud | |
> Koopmans' provokanten Thesen. Nun muss er Studierenden Rede und Antwort | |
> stehen. | |
Bild: Unterstellt Musliminnen wie ihr „weit verbreiteten“ Fundamentalismus:… | |
Berlin taz | Ruud Koopmans lächelt, während er die Fragen der Studierenden | |
mitschreibt. Als überlege er sich währenddessen eine Antwort und wüsste | |
bereits, welche die beste ist. Er ist hier, um sich zu verteidigen. | |
Koopmans ist Integrationsforscher an der HU Berlin. Seine Studierenden | |
haben ein Problem mit ihm: Sie sagen, seine Thesen bereiten einen Nährboden | |
für Rassismus. Die Fachschaft reagierte auch auf Sätze wie diesen: | |
„Multikulti basiert auf dem Gedanken der Bikulturalität. Aber das hat bei | |
vielen Muslimen nicht funktioniert.“ Das sagte Koopmans in einem Interview | |
mit der FAZ im vergangenen Frühjahr. | |
Koopmans argumentierte auf Basis seiner Studien, dass MuslimInnen sich | |
weniger integrieren würden als andere Gruppen und nannte eine Kombination | |
aus „liberalem Ausländerrecht“ und „Sozialstaat“ fatal. Seine Zitate u… | |
Studien wurden auf rechten Seiten wie pi-News gemeldet. Die Studierenden | |
wandten sich an die Presse, unter anderem auch an die taz. Nun haben sich | |
Studierende und Koopmans zu einer Diskussionsrunde in der Fakultät | |
getroffen. Im Panel sitzen neben Koopmans die stellvertretende | |
Institutsleiterin Dr. Naika Foroutan, die als Moderatorin fungierende Dr. | |
Julia von Blumenthal, Albrecht Hänig, Vertreter der Fachschaft und der | |
Wissenschaftler Dr. Marc Helbling. Gemeinsam wollen sie eine Ebene finden, | |
auf der sie respektvoll miteinander umgehen können. | |
Koopmans, grau-weiß meliertes Haar, sieht aus, als sei er gerade aus dem | |
Urlaub gekommen. Ja, er urteile schon Mal über den Islam, sagt er, man | |
dürfe sich ja wohl auf die Forschungsergebnisse anderer beziehen. Und er | |
sei doch ein politisch denkender Mensch, das wird ihm kaum jemand verbieten | |
wollen. Eine Studentin, die ein Kopftuch trägt, sagt: „Sie haben gesagt, | |
Marokkaner und türkischstämmige MuslimInnen seien die schlimmsten. Sie | |
haben gesagt, wir hätten keinen Wissensdurst.“. „Das stimmt nicht“, | |
widerspricht Koopmans. Die Studentin tippt auf ihrem Handy herum, findet | |
das Video aber nicht. Die Stimmung im Saal angespannt, manche verbergen ihr | |
Gesicht in ihren Händen, ein kollektives Unwohlsein breitet sich aus. | |
Aber in der Diskussion geht es auch um inhaltliche Kritik an der Studie: | |
Zum Beispiel eine von vielen als veraltet gesehene Assimilations-Theorie. | |
Oder den Einwand, dass es auch bei Einheimischen immer mehr zu einer | |
Desintegration komme, die also nicht unbedingt vom Herkunftsland abhänge. | |
Man denke nur an Heidenau, an Pegida und die Wahlnacht in den USA. | |
## Es geht auch um den Umgang mit Medien | |
Vor allem aber geht es um den Umgang mit Medien. Welches Rollenverständnis | |
hat einE WissenschaftlerIn, inwieweit kann man die Privatperson von der | |
WissenschaftlerIn trennen? | |
Koopmans unterstellte MuslimInnen in Europa „weit verbreiteten“ | |
Fundamentalismus. In der Diskussion spricht er von einer „großen | |
Minderheit“, um die 30 % in Deutschland. Mit der Rhetorik haben viele ein | |
Problem. Es sei kein „weit verbreitetes“ Phänomen, wendet eine Studentin | |
ein und liest die Definition des Duden vor. | |
Fundamentalismus sei nicht mit Salafismus gleichzusetzen, sagt Foroutan. | |
Die meisten islamistischen TerroristInnen, die in Europa Anschläge verüben, | |
sind SalafistInnen. 7.500 SalafistInnen in Deutschland gebe es, so der | |
Verfassungsschutz in einem Bericht aus dem Juni 2015. | |
Es ist Koopmans Ausdrucksweise, provokant, und medienwirksam, die die | |
Studierenden stört. Koopmans sagt, seine Ergebnisse würden nicht genug in | |
den Medien diskutiert, er würde selektiv angegriffen, weil er eine Haltung | |
vertrete, die den Studierenden und der linksliberalen Presse nicht passe. | |
Fühlt er sich angegriffen, beantwortet er Fragen aus dem Publikum einfach | |
nicht. Das ist schade, denn so wird ein Diskurs verhindert, der gerade in | |
postfaktischen Zeiten wichtig wäre. | |
10 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Valerie Höhne | |
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