# taz.de -- VG Wort-Mitgliederversammlung: Mehr als nur Kleingeld | |
> Wie soll das zu Unrecht ausgezahlte Geld von Verlagen zurückgefordert | |
> werden? Am Samstag wird bei der VG Wort abgestimmt. | |
Bild: Unter welchen Bedingungen werden Verlage in Zukunft an den Einnahmen der … | |
BERLIN taz | Es ist bereits die zweite außerordentliche | |
Mitgliederversammlung der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort in diesem Jahr. | |
Kein Wunder – wenn das oberste Gericht der Republik sagt, dass man | |
jahrelang rechtswidrig gehandelt hat, muss man sich eben öfter | |
zusammensetzen. | |
In der Versammlung am Samstag in München soll nun endlich geklärt werden, | |
wie das Geld, das laut BGH-Urteil fälschlicherweise an die Verlage | |
ausgezahlt wurde, zurückkommt und wie es an die AutorInnen verteilt wird. | |
Ob ein Verteilungsplan durchgeht, hängt an einer Detailfrage. | |
Am 21. April dieses Jahres entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass der | |
bisherige Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft rechtswidrig ist. Die | |
VG Wort sammelt als Treuhänderin Einnahmen aus Tantiemen für | |
Zweitverwertungen und Vervielfältigungen von Texten – und schüttete die | |
bisher zu festen Anteilen an AutorInnen und Verlage aus. Bei Belletristik | |
und zum Teil im Journalismus erhielten Verlage 30, bei wissenschaftlichen | |
Werken sogar 50 Prozent. | |
Gegen diese Praxis klagte 2011 der Münchner Wissenschaftsautor Martin Vogel | |
mit der Begründung, die Tantiemen stünden allein den AutorInnen zu. Im | |
April gab der BGH Vogel recht und erklärte die pauschale Beteiligung von | |
Verlagen mit Verweis auf das Urheberrechtsgesetz für rechtswidrig. | |
Was nicht heißt, dass Verlage in Zukunft überhaupt nicht mehr an den | |
Zweitverwertungsrechten beteiligt werden. Wie genau die Verteilung in | |
Zukunft geregelt wird, hängt von gesetzlichen Rahmenbedingungen auf Bundes- | |
beziehungsweise EU-Ebene ab, die dort derzeit noch diskutiert werden. | |
## Unter Vorbehalt ausgezahlt | |
Was aber schon feststeht, ist, dass die Verlage sämtliche VG Wort-Einnahmen | |
seit 2012 zurückzahlen müssen. Diese hatte die Verwertungsgesellschaft | |
wegen des Verfahrens nur unter Vorbehalt ausgezahlt. Dabei geht es um mehr | |
als Kleingeld: Allein 2014 sammelte die VG Wort 144 Millionen Euro ein, ein | |
Viertel davon ging an Verlage. | |
Im Juni schlug der Vorstand der VG Wort daraufhin ein Rückzahlungsmodell | |
vor – und wies im selben Zug auf die Möglichkeit hin, dass AutorInnen auf | |
ihre Ansprüche gegenüber den Verlagen verzichten könnten. Dies stieß auf | |
heftige Kritik bei Journalistenverbänden. | |
Der Autorenverband Freischreiber verwies auf die Gefahr, dass Verlage | |
AutorInnen zum Verzicht drängen könnten. Auch der Deutsche | |
Journalistenverband riet AutorInnen dringlichst von einem derartigen | |
Verzicht ab. In einer anderen Berufsgruppe, den Buchverlagen, diskutierte | |
man nämlich bereits genau das: Der Börsenverein des Buchhandels ließ seine | |
Mitgliederverlage wissen, dass ein Verzicht der Autoren der „einzig | |
realistische Ausweg“ sei, die Rückzahlungen zu verhindern. | |
Um zu beschließen, wie die Rückerstattung ablaufen soll, wurden zwei | |
außerordentliche Mitgliederversammlungen für den 10. September und den 26. | |
November anberaumt. Bei der ersten, am 10. September, kam es jedoch zu | |
keinem Beschluss – obwohl der VG-Wort-Vorstand kurzfristig die | |
Verzichtsregelung in eine anonyme umgeändert hatte. | |
Der vorgelegte Verteilungsplan hätte durch alle drei Berufsgruppen je mit | |
Zweidrittelmehrheit beschlossen werden müssen – in der Berufsgruppe 2 | |
(JournalistInnen, SachbuchautorInnen und -übersetzerInnen) scheiterte diese | |
an drei Stimmen. [1][Der Verband Freischreiber, der die Position der | |
Gegenstimmen vertritt, begründete dies damit, dass die Änderung zu | |
kurzfristig in den Antrag eingearbeitet worden sei.] | |
## „Coup d'Etat“ | |
Einige andere Mitglieder hatten sich in Bezug auf die Gegenstimmen | |
verständnislos gezeigt. Auch in der FAZ war im Nachhinein von einem „Coup | |
d’Etat“ die Rede. Die Zeitung warf Vogel und dem Verband Freischreiber vor, | |
zum Schaden aller durch die VG Wort Vertretenen zu agieren und einen Keil | |
zwischen AutorInnen und Verlage zu treiben. | |
Zur Versammlung am Samstag steht der Verteilungsplan nun in veränderter | |
Fassung zur Abstimmung. Bei Freischreiber heißt es, die Vorlage gehe | |
„grundsätzlich in die richtige Richtung“, man hält dort aber auch eine | |
anonymisierte Verzichtsregelung von AutorInnen weiterhin für problematisch | |
– in kleinen Verlagen könne man trotz Anonymisierung nachvollziehen, wer | |
verzichtet habe und wer nicht. Indes betont man, dass keine | |
Abstimmungsempfehlung ausgesprochen werde. „Wir geben unsere Position | |
bekannt“, so Heidi Schmidt, Leiterin der Freischreiber-Geschäftsstelle, „es | |
gibt aber weder Abstimmungsempfehlung noch -zwang.“ | |
Sofern die Gegenstimmen im September tatsächlich nur mit der kurzfristigen | |
Änderung der Vorlage zu tun hatten, dürfte der Verteilungsplan am Samstag | |
durchgehen. Unter welchen Bedingungen Verlage in Zukunft an den Einnahmen | |
der VG Wort beteiligt werden, steht dann aber noch immer nicht fest. Mit | |
dieser Frage beschäftigt sich demnächst der Gesetzgeber. | |
25 Nov 2016 | |
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## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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