# taz.de -- Ole von Beust über die Lage seiner Partei: „Dem Trend nach recht… | |
> Ole von Beust legt Wert auf die Unterscheidung zwischen | |
> Law-and-Order-Politik und Rechtspopulismus. Die AfD könne für die CDU | |
> kein Partner sein. | |
Bild: „Weder kleinkariert noch rechtsradikal“: Von Beust 2001 mit seinem Ko… | |
taz: Herr von Beust, was ist für Sie eine moderne konservative Partei? | |
Ole von Beust: Eine moderne Partei nimmt die Gesellschaft so, wie sie ist, | |
und versucht, existierende Probleme, ob sie einem gefallen oder nicht, zu | |
lösen. Eine konservative Partei steht zuerst zu ihren Prinzipien wie | |
Haushaltssolidität, Ordnung und Sicherheit. Modern und konservativ ist, wer | |
auf diesen Grundsätzen fußt und dennoch gesellschaftliche Fragen nicht in | |
sein Weltbild zu pressen versucht. | |
Der neue CDU-Hoffnungsträger in Schleswig-Holstein, Daniel Günther, will | |
seinen Landesverband reformieren: konservativ in der Sicherheitspolitik, | |
modern in der Gesellschaftspolitik. Kann dieser Spagat ohne Zerrung | |
gelingen? | |
Das ist ein vernünftiger Ansatz. Auch fortschrittliche Menschen legen viel | |
Wert auf innere Sicherheit. Das ist also kein Widerspruch zu | |
gesellschaftlicher Moderne. Ich sehe da keinen Spagat. | |
Seit die Ministerpräsidenten Ole von Beust 2010, Peter Harry Carstensen | |
2012 und David McAllister 2013 aus ihren Ämtern schieden, fehlen den | |
Christdemokraten im Norden charismatische Führungsfiguren. Wo ist der | |
Retter? | |
Mit Verlaub, die fehlen nicht nur bei uns. Die anderen haben nur gerade das | |
Glück, an der Regierung zu sein. Bei allem Respekt: Die aktuellen | |
SPD-Regierungschefs in Norddeutschland sind samt und sonders keine großen | |
Charismatiker, sondern mehr oder minder ordentliche Verwalter. | |
Das wird Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz nicht ungern hören. | |
Über meinen Nachfolger sage ich direkt nichts, das gehört sich nicht. Wir | |
haben zurzeit allgemein eher einen Politikertypus, der exekutiv orientiert | |
ist, die mitreißenden Typen sind gerade nicht die dominierenden. Aber das | |
ist wohl auch der Trend der Zeit. | |
Von wegen exekutiv: Wie will die CDU in Norddeutschland denn wieder | |
regierungsfähig werden? | |
In Schleswig-Holstein, wo im Mai die nächste Landtagswahl ansteht, sehe ich | |
durchaus Chancen. Die Regierung in Kiel ist schwach, Ministerpräsident | |
Torsten Albig ist noch schwächer, und die Grünen schwächen sich durch die | |
bundespolitischen Ambitionen von Robert Habeck selbst. Da gilt es, die | |
Gunst der Stunde zu nutzen. Und ein bisschen Glück gehört immer dazu: Ob | |
eine Wechselstimmung zum rechten Zeitpunkt da ist, ist ungeheuer schwer zu | |
beeinflussen. Aber man muss bereit sein. | |
Und reichlich Wahlversprechen machen? | |
Wichtig ist immer für die CDU, den Menschen zu vermitteln, mit uns geht es | |
euch zumindest nicht schlechter als jetzt. Die CDU muss immer glaubwürdig | |
für Wohlstand für alle und für wirtschaftliches Wachstum stehen. Und sie | |
muss, das wäre der einzige Rat, den ich geben würde, Leute präsentieren, | |
die diese wirtschaftliche Kompetenz und Erfahrung ausstrahlen. Das ist | |
meiner Ansicht nach wahlentscheidend. | |
Darf die CDU sich überhaupt noch zu Recht eine Volkspartei nennen? | |
Sie repräsentiert alle gesellschaftlichen Strömungen und Schichten. Also | |
ist sie eine Volkspartei, auch wenn die Wahlergebnisse zurzeit besser sein | |
könnten. | |
Aber droht der CDU nicht ein fortschreitender Bedeutungsverlust zwischen | |
Grünen wie Kretschmann, Konservativen wie Seehofer und Reaktionären wie | |
Petry und Höcke? | |
Wir verzeichnen in dieser eigenartigen Zeit eine gewisse Tendenz nach | |
rechts. Und die Aufgabe der CDU besteht darin, diesem Trend zu widerstehen. | |
Sie muss eine Partei der Mitte sein, die mit Rechten und Rechtsextremen | |
nichts, aber auch gar nichts zu tun hat. Sie muss ihren Kurs aus | |
Grundliberalität, christlichen Werten und Europafreundlichkeit bewahren und | |
darf sich nicht beeinflussen lassen von rechtem Geschwätz. Das ist der | |
Platz der CDU. Wenn sie sich rechts anbiedert, stärkt sie nur das rechte | |
Original. | |
Daniel Günther sagt dazu: „Wer was gegen Homosexuelle hat, dem können wir | |
keine Heimat bieten. Wer konsequentes Vorgehen gegen Bandenkriminalität | |
will, dem dagegen schon.“ | |
Schönes Zitat. Das gefällt mir. | |
Sie haben als erster – und noch immer einziger – Ministerpräsident in | |
Deutschland mit Rechtspopulisten regiert: 2001 bis 2003 mit dem gnadenlosen | |
Richter Ronald Schill. Was haben Sie daraus gelernt für den aktuellen | |
Umgang mit der AfD? | |
Zunächst mal: Schill war kein Nazi. Er war ein Narziss und Rechtspopulist. | |
Mit AfDlern wie Björn Höcke kann man ihn nicht vergleichen. Deshalb passt | |
die Parallele nicht so ganz. | |
Die AfD ist doch auch rechtspopulistisch, nicht unbedingt rechtsextrem. | |
Mit der AfD eines Björn Höcke kann man nicht koalieren. Das ist der | |
Unterschied zu Schill. Der stand für Law and Order, aber er war weder | |
kleinkariert noch spießig noch rechtsradikal. Die AfD kann für die CDU kein | |
Partner sein. | |
Den ganzen Schwerpunkt zur Lage der CDU im Norden lesen Sie in der taz.am | |
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18 Nov 2016 | |
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## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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