# taz.de -- Gut leben in Deutschland: Alle wollen Frieden | |
> Der Bericht zur Lebensqualität zeigt: Die Menschen in Deutschland wollen | |
> Frieden, trotzdem steigt die Hasskriminalität. | |
Bild: Versucht, die bundesdeutsche Bevölkerung zu verstehen: Bundeskanzlerin A… | |
BERLIN taz/dpa | Am Mittwoch wird der „Bericht der Bundesregierung zur | |
Lebensqualität in Deutschland“ dem Kabinett vorgelegt. Darin geht es vor | |
allem um Gefühle. Was wollen die Bürger*innen des Landes, fragte sich die | |
Große Koalition und versuchte, in 203 Veranstaltungen von April bis Oktober | |
diesen Jahres ihre Beweggründe zu erörtern. | |
Auch online oder per Post konnte man sich beteiligen, insgesamt nahmen fast | |
16.000 Menschen am Bürger*innendialog teil. An erster Stelle steht für sie | |
demnach Frieden, darauf folgen Lohn und Einkommen. Platz Drei im Ranking um | |
Lebensqualität belegt das Sicherheitsgefühl. | |
Vor allem eine Zahl fällt auf: Im Jahr 2015 stieg die Zahl der Fälle von | |
Hasskriminalität um 77 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt | |
10.373. Die Zahl stammt aus einem Bericht des Innenministeriums von Mai | |
2016. Hasskriminalität bezieht sich auf Straftaten, die sich gegen | |
politische Einstellungen, Nationalitäten, Hautfarben, Religionen oder | |
sexuelle Orientierung richten. | |
Besonders krass war der Anstieg der fremdenfeindlichen Straftaten um 116 | |
Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Am deutlichsten war der Anstieg von | |
strafbaren Hasspostings im Internet um 176 Prozent. Angestiegen sind laut | |
Bericht auch die Fälle von Hasskriminalität auf Grund sexueller | |
Orientierung, sie hätten sich seit 2001 „auf niedrigem Niveau“ | |
vervierfacht. | |
Die schwarz-rote Koalition zeigt sich in dem Bericht besorgt um die Zahlen, | |
dort heißt es: „Die Bundesregierung geht gegen diese besorgniserregenden | |
Entwicklungen mit aller Entschlossenheit vor.“ | |
## Handeln ist gefragt | |
Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth forderte konkrete Vorschläge von | |
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). „Wir können nicht noch mehr Zeit mit | |
Runden Tischen und Arbeitsberichten, die noch Monate auf dich warten | |
lassen, verlieren“, sagte er am Dienstag in Berlin. | |
Die Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen forderte gegenüber der | |
taz: „Hasskriminalität und Fremdenfeindlichkeit muss endlich konsequent | |
strafrechtlich geahndet werden und darf nicht weiter als Kavaliersdelikt | |
durchgehen.“ Hassposts zielten darauf, Menschen zu zerstören. „Hier müssen | |
die Strafverfolgungsbehörden entschiedener durchgreifen“, so Dağdelen. | |
Auch die Linkspartei-Vorsitzende Katja Kipping forderte die Regierung | |
angesichts der Entwicklung zum Handeln auf. „Die Bundesregierung muss den | |
Kampf gegen rechten Terror endlich zur Chefsache machen“, verlangte | |
Kipping. Von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwarte sie eine | |
entsprechende Ankündigung in einer Regierungserklärung, von Innenminister | |
Thomas de Maizière (CDU) einen entsprechenden Maßnahmenplan. | |
Die Diskrepanz ist offenkundig: In dem Bericht wünschen sich die Menschen | |
Sicherheit, auch Werte wie Toleranz und ein rücksichtsvoller Umgang | |
miteinander wurden als wichtig betont. Die Bürger*innen hätten in der | |
Umfrage – zu deren Zeitpunkt die Flüchtlingsdebatte im vergangenen Jahr | |
schon weitgehend im Gange war – auch „ihre Sorge bezüglich der Zunahme | |
rechtsextremistischer Gewalt und rechtsradikalen Terrors“ betont. „In | |
dieser Entwicklung sahen sie eine große Gefahr für den Rechtsstaat, die es | |
dringend abzuwehren gilt“, heißt es in dem Papier. | |
Die Bundesregierung will aus den Erkenntnissen, die der Bericht festhält, | |
Handlungshinweise für ihre Regierungsarbeit ableiten. Nach Angaben aus | |
Regierungskreisen kostete das über zwei Jahr laufende Projekt etwas mehr | |
als 3,5 Millionen Euro. | |
25 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Valerie Höhne | |
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