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# taz.de -- Urteil zum Umgangsrecht leiblicher Väter: Kinder entscheiden
> Gerichte müssen Kinder anhören. Wenn das Kind nichts von seinem
> leiblichen Vater weiß, muss es darüber grundsätzlich informiert werden.
Bild: Das Gericht entscheidet, die Kinder haben das Zepter in der Hand
Karlsruhe taz | Wenn der leibliche Vater eines Kindes Umgang mit seinem
Kind sucht, muss das Kind in der Regel vom Gericht angehört werden, ob es
damit einverstanden ist. Wenn das Kind noch nichts von seinem leiblichen
Vater weiß, muss es darüber grundsätzlich informiert werden. Das hat jetzt
der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Kläger im konkreten Fall ist der Nigerianer Frank A., der 2003 nach
Deutschland kam. Er lebte in einer mittelbadischen Kleinstadt. Dort
entstand bald eine Affaire mit der verheirateten Frau B. Die Beziehung
dauerte rund zwei Jahre. Als B. schwanger wurde, trennte sie sich jedoch
von A. und verweigerte ihm jeden Umgang zu den im Dezember 2005 geborenen
Zwillingen. Sie lebt nun wieder mit dem Ehemann und drei früher geborenen
gemeinsamen Kindern zusammen. Der Ehemann gilt auch als rechtlicher Vater
der Zwillinge. A.s Asylantrag wurde 2006 abgelehnt. 2008 reiste er
freiwillig nach Spanien aus, wo er heute noch lebt.
A. bemüht sich bisher erfolglos um Kontakt zu seinen Kindern. Anfangs gab
es nicht einmal eine gesetzliche Grundlage, weil biologische Väter im
deutschen Recht traditionell eine schwache Stellung haben. A. wandte sich
deshalb an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der Straßburger
Gerichtshof beanstandete 2010 die rigide deutsche Rechtslage. 2013 schuf
der Bundestag deshalb eine neue Umgangsregelung für biologische Väter, die
bisher nie mit ihrem Kind zusammengelebt hatten. Sie setzt voraus, dass der
Vater ernsthaftes Interesse an seinem Kind zeigt und der Kontakt dem
Kindeswohl dient.
Im Fall von A. entschied dann jedoch das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe,
dass ein Umgang nicht dem Kindeswohl diene. Das OLG stützte sich dabei auf
einen Sachverständigen, dem die Eltern gesagt hatten, sie würden den
Kontakt weiter ablehnen. Die Mutter bezeichnete ein Auftauchen von A. als
„Horrorvorstellung“. Der Sachverständige sah die Gefahr eines
Nervenzusammenbruchs der Mutter, der dann auch negative Auswirkungen auf
das Kindeswohl der Zwillinge hätte.
## War der Gutachter befangen?
Diese Entscheidung hat der BGH nun aufgehoben. Der Sachverständige habe die
Mutter nicht nach anerkannten Methoden untersucht, sondern sich nur auf
Gespräche mit den Eltern berufen. Dass er einfach die Sichtweise der Eltern
übernahm, wirft laut BGH sogar die Frage auf, ob der Gutachter befangen
war. Infrage komme in einem derartigen Fall auch, dass die Eltern
familientherapeutisch auf die Umgangssituation vorbereitet werden, so der
BGH.
Vor allem aber hätten die inzwischen zehnjährigen Kinder vom OLG vor der
Entscheidung angehört werden müssen, so der BGH. Der Gutachter hatte zwar
mit den Kindern gesprochen, auf Druck der Eltern aber nichts vom leiblichen
Vater erzählt. Stattdessen hat der Gutachter vorgetäuscht, dass er
Zwillingsforschung betreibe. Die Karlsruher Richter betonen zwar das
grundsätzliche Recht der Eltern, die Kinder über ihre Abstammung
aufzuklären. Wenn jedoch das Kindeswohl mit Blick auf ein angestrebtes
Umgangsrecht des leiblichen Vaters festzustellen ist, müssten die Kinder
grundsätzlich über die Situation informiert werden.
Ein Gespräch über ihre Interessen sei nur möglich, wenn sie erfahren, warum
ein fremder Mann mit ihnen Kontakt haben möchte. Im Fall der Zwillinge sei
es eh gut möglich, dass sie mit Blick auf ihre etwas dunklere Hautfarbe
bereits an der Vaterschaft des rechtlichen Vaters gezweifelt haben,
vermutet der BGH. Den Eltern soll nun eine Frist gesetzt werden, die
Zwillinge selbst zu informieren. Wenn die Frist tatenlos verstreicht,
müssten die Kinder von Richtern aufgeklärt werden.
3 Nov 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Väterrecht
Familie
Sorgerecht
deutsche Literatur
Familie
China
Angelina Jolie
Mutterschaft
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