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# taz.de -- Naturkatastrophe in Italien: Weitere Beben sind unausweichlich
> Die Zerstörungen belasten den Haushalt des Landes in Milliardenhöhe.
> Tausende Menschen sind obdachlos. Und der Winter naht.
Bild: Feuerwehrleute betrachten die Überreste des Ortes Amatrice in Mittelital…
Rom taz | Mit einer Stärke von 6,5 war das Beben, das am Sonntagmorgen um
7.40 Uhr Mittelitalien erschütterte, so schwer wie keines in Italien seit
1980. Vor diesem Hintergrund grenzt es an ein Wunder, dass es keine Toten
und nur wenige Verletzte gab.
Mehr als 300 Tote hatte dagegen das Beben in L’Aquila im Jahr 2009
gefordert, das nur eine Stärke von 6,1 erreicht hatte, und auch das Beben
in Amatrice mit einer Stärke von 6,0 kostete 298 Menschen das Leben. Zum
Glück im Unglück wurde diesmal die Abfolge der Beben, die die Zone an der
Grenze der beiden Regionen Umbrien in den letzten Tagen erschütterte.
Ein erster schwerer Erdstoß mit einem Wert von 5,4 war am vergangenen
Mittwoch, dem 26. Oktober, kurz nach 19 Uhr zu verzeichnen gewesen. Das
Gros der Menschen hatte daraufhin die Wohnungen verlassen und hielt sich im
Freien auf, als zwei Stunden später ein weiterer Erdstoß, diesmal schon mit
einer Stärke von 5,9, zu verzeichnen war.
Nur ein Mensch starb an einem Herzinfarkt. Im Gefolge dieser beiden Beben
hatten die Kommunalverwaltungen und der Zivilschutz wiederum zahlreiche
Ortskerne zu abgesperrten „roten Zonen“ erklärt.
## Viele schlafen in ihren Autos
Das Beben vom Sonntag brachte deshalb zahlreiche Häuser zum Einsturz, die
anders als in Amatrice vor zwei Monaten schon verlassen waren. So wurde
zwar eine Tragödie vermieden, der materielle Schaden aber geht in die
Milliarden. Dutzende mittelalterliche Weiler wurden komplett zerstört.
Im Städtchen Norcia, in dem die Kathedrale aus dem 14. Jahrhundert
zusammenstürzte, müssen voraussichtlich auch viele Häuser noch abgerissen
werden. In den Marken werden etwa 25.000 und in Umbrien 15.000 Obdachlose
gezählt. Bisher werden sie notdürftig in Sporthallen untergebracht, viele
schlafen in ihren Autos.
Die Errichtung von Zeltstädten kommt angesichts der Tatsache, dass die
Temperaturen in der Gebirgsregion mittlerweile nachts auf unter null Grad
fallen, nicht infrage. Stattdessen werden die Menschen jetzt in Hotels an
der Adriaküste oder auch am Trasimener See untergebracht. Wie schon nach
dem Beben vom August verkündet Ministerpräsident Matteo Renzi, dass „alles
wieder aufgebaut“ wird.
## Weitere Erdstösse wahrscheinlich
Die Regierung veranschlagt Kosten von acht Milliarden Euro, für die
Soforthilfe in den Erdbebengemeinden wurden bisher 375 Millionen Euro
bereitgestellt. Renzi machte erneut deutlich, dass er die erforderlichen
Mittel aus dem EU-Stabilitätspakt herausrechnen will. Unterstützung erhält
er hier auch von Beppe Grillos 5-Sterne-Bewegung, die dem Regierungschef
Kooperation anbot.
Jenseits der unmittelbaren materiellen Schäden trifft das Beben die
Ökonomie der betroffenen Dörfer und Städte heftig. Sie zogen Tausende
Besucher an, die in die Gegend mit ihren mittelalterlichen Ortskernen, mit
ihrer oft unberührten Natur, mit ihren kulinarischen Traditionen von
Trüffeln zu den berühmten Wurstwaren und Schinken aus Norcia kamen. In
Norcia hatte es Jahre gedauert, die Schäden des letzten Bebens von 1997 zu
beheben.
Nachbeben in der betroffenen Region schließen die Geologen nicht aus. Das
Beben vom Sonntag sehen sie als direkte Konsequenz des Erdbebens von
Amatrice am 24. August: Die tektonische Plattenverschiebung habe zur
Verstärkung der Spannungen in der nördlich von Amatrice gelegenen Zone
geführt. Schon nach dem Augustbeben hatte das Nationale Institut für
Geophysik und Vulkanologie vor einem weiteren Erdstoß mit einer Stärke von
bis zu 7 gewarnt. Nicht auszuschließen ist, dass sich diese Kettenreaktion
über Wochen fortsetzt.
31 Oct 2016
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Erdbeben
Italien
Naturkatastrophe
Italien
Matteo Renzi
Italien
Silvio Berlusconi
Schwerpunkt Flucht
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