# taz.de -- Menschenrechtsgericht verurteilt Türkei: Schmerzensgeld für getö… | |
> Während einer Kundgebung in Diyarbakir wurde er von einer | |
> Tränengasgranate getroffen. Jetzt gibt Straßburg den Angehörigen des | |
> Kurden recht. | |
Bild: Bis heute kommt es in Diyarbakir fast täglich zu Zusammenstößen zwisch… | |
STRAßBURG afp | Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat | |
die Türkei wegen eines tödlichen Schusses auf einen kurdischen | |
Demonstranten verurteilt. Die Straßburger Richter gaben den Eltern und | |
Geschwistern des Getöteten Recht, die türkische Polizisten für den Tod des | |
damals 40-jährigen Mannes verantwortlich machen. Ihnen muss die Regierung | |
in Ankara nun insgesamt 63.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. | |
Der Vorfall ereignete sich Ende März 2006 während einer nicht genehmigten | |
Kundgebung in der osttürkischen Stadt Diyarbakir. Zu der Demonstration | |
hatten Kurden aufgerufen, um gegen den Tod von 14 Mitgliedern der | |
verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) während eines Militäreinsatzes | |
zu protestieren. Der 40-Jährige wurde von einer Tränengasgranate getroffen | |
und erlag kurz danach seinen schweren Kopfverletzungen. Insgesamt wurden | |
während der mehrtägigen Protestkundgebungen elf Demonstranten getötet. | |
Die Angehörigen werfen der türkischen Polizei vor, vorsätzlich auf den Kopf | |
des Opfers gezielt zu haben. Dies bestreitet die Regierung in Ankara, die | |
von einem Unfall spricht. | |
Der Gerichtshof für Menschenrechte stellte hingegen fest, die Art der | |
Verletzung lasse auf einen gezielten Schuss deuten. Insgesamt seien die | |
Polizisten mit „unverhältnismäßiger Gewalt“ gegen die Demonstranten | |
vorgegangen. Der Einsatz von Tränengasgranaten während der mehrtägigen | |
Proteste sei „chaotisch“ gewesen. | |
## Tödliches Geschoss verschwand spurlos | |
Die Straßburger Richter rügen zudem das Fehlen effizienter Ermittlungen. | |
Erst eineinhalb Jahre nach dem Vorfall seien erste Polizisten vernommen | |
worden. Strafrechtliche Ermittlungen gegen einige Polizisten seien erst | |
drei Jahre nach dem Tod des Demonstranten eingeleitet worden. Bis heute sei | |
kein Einsatzbeamter zur Verantwortung gezogen worden. Auch sei nach wie vor | |
unklar, wie viele Polizisten bei den fraglichen Kundgebungen mit | |
Tränengasgranaten auf Demonstranten geschossen hätten. „Erstaunlich“ sei | |
zudem, dass das Geschoss, das den Mann tödlich getroffen hatte, während der | |
Ermittlungen spurlos verschwunden sei. | |
Das Urteil wurde von einer kleinen Kammer des Gerichtshofs gefällt. Dagegen | |
kann die Türkei binnen drei Monaten Rechtsmittel einlegen. Der Gerichtshof | |
kann den Fall dann zur Überprüfung an die 17 Richter der großen Kammer | |
verweisen, er muss dies aber nicht tun. | |
19 Oct 2016 | |
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