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# taz.de -- Crowdfunding-Kampagne für Rollstuhl: Der Open-Source-SafariSeat
> Ein Non-Profit-Unternehmen entwickelt einen preisgünstigen Rollstuhl. Er
> ist für körperlich behinderte Menschen in Entwicklungsländern konzipiert.
Bild: Der Kenianer Letu (r.) testet die Prototypen des Rollstuhls
Der „Open-Source-Rollstuhl für Entwicklungsländer“ ist ein Projekt des
jungen Non-Profit-Unternehmens Uji. Er soll in der Produktion besonders
günstig sein und sich leicht zusammenschrauben und reparieren lassen. Um
das zu ermöglichen, setzt das Londoner Team rund um den Designer Janna
Deeble unter anderem auf herkömmliche Fahrradbauteile. Für die Produktion
sammelt Uji auf Kickstarter Geld per Crowdfunding.
„Der SafariSeat ermöglicht Menschen mit körperlichen Behinderungen, ein
unabhängiges Leben zu führen“, sagt Deeble, der die [1][Kampagne in einem
Video] erklärt. Im Gegensatz zu den meisten Rollstühlen sei er auch für
unebenes Terrain geeignet. Ideal also für die Nutzung in ländlichen
Gebieten mit mangelhafter Infrastruktur. Uji-Mitgründer Bertie Meyer teilte
der taz mit, die Produktionskosten für einen SafariSeat lägen derzeit bei
knapp 200 Pfund (etwa 225 Euro). Man hoffe aber, dass sie in Zukunft auf
weniger als 130 Pfund gesenkt werden könnten.
Eine Zusammenfassung verschiedener Studien im [2][Weltbericht Behinderung]
der WHO zeigt, dass ein großer Teil der behinderten Menschen in
Entwicklungs- und Schwellenländern keinen Zugang zu notwendigen technischen
Geräten hat. Hinzu kommt, dass Menschen mit Behinderung fast überall auf
der Welt ein erhöhtes Armutsrisiko haben.
Eva Maria Fischer von der Organisation Handicap International weist darüber
hinaus auf die häufig mangelhafte medizinische und therapeutische
Versorgung in afrikanischen Ländern hin und nennt ein Beispiel: „In Afrika
gibt es einen Durchschnittswert von zwei Millionen Menschen, auf die eine
orthopädische Werkstatt kommt.“ Das sei natürlich viel zu wenig.
## Hilfe zur Selbsthilfe
Mit dem minimalen Funding-Ziel von 30.000 Pfund (knapp 33.600 Euro) will
das Uji-Team unter anderem den letzten Prototypen des SafariSeats
entwickeln, testen und dann 50 Rollstühle in Kenia produzieren. Das
Unternehmen legt nach eigenen Angaben Wert darauf, die lokale Bevölkerung
einzubinden. Es gehe um Hilfe zur Selbsthilfe.
Die Konstruktionsanleitung des SafariSeats wird deshalb kostenlos und unter
einer freien Lizenz veröffentlicht. Menschen auf der ganzen Welt werden
dadurch die Möglichkeit bekommen, selbst Rollstühle zu bauen. Es sollen
lokale Arbeitsplätze und eine globale Community, deren Mitglieder sich
gegenseitig unterstützen können, entstehen.
„Die Idee dahinter ist, dass alle unser Design benutzen und SafariSeats
herstellen können, ohne weiter auf uns angewiesen zu sein“, so Bertie
Meyer. „Das ist genau der richtige Ansatz“, meint Eva Maria Fischer.
Ausländische Organisationen sollten ihre Projekte im Gesundheitswesen so
aufbauen, dass sie die Arbeit langfristig an lokale Institutionen und
Organisationen übergeben könnten.
Mit der eigenen Rollstuhlproduktion wird sich das Unternehmen vorerst auf
Entwicklungsländer konzentrieren. „Das liegt an unserer Verbindung zu
Afrika, speziell zu Kenia“, sagt Bertie Meyer. Janna Deeble ist in dem
ostafrikanischen Land aufgewachsen. Der Kenianer Letu, ein Bekannter
Deebles, testet die Prototypen des SafariSeats. Letu ist an Kinderlähmung
erkrankt und kann deshalb nicht gehen. Er führt mit seiner Familie ein
traditionelles Leben auf dem Land.
Uji kooperiert außerdem mit der [3][Association for the Physically Disabled
of Kenya] (APDK) in Bombulu. Die Kenianer_innen helfen mit ihrem Wissen bei
der lokalen Produktion und der Organisation der Lieferkette. Die APDK wird
auch die Verteilung der ersten SafariSeats in Mombasa übernehmen. Meyer
erzählt: „Die haben einen stetigen Strom an Menschen, die zu ihnen kommen
und Rollstühle brauchen.“
Ihr Minimalziel von 30.000 Pfund hat die SafariSeat-Kampagne in nur vier
Tagen erreicht. Jetzt bleiben noch über drei Wochen, um Geld für den Bau
weiterer Rollstühle zu sammeln.
23 Oct 2016
## LINKS
[1] https://www.kickstarter.com/projects/safariseat/safariseat-open-source-whee…
[2] http://www.bar-frankfurt.de/fileadmin/dateiliste/rehabilitation_und_teilhab…
[3] http://www.apdk.org/
## AUTOREN
Moritz Clauss
## TAGS
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