Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- TV-Formate vor der Wahl in Frankreich: Wie in einer Realityshow
> Es menschelt in den Talkshows vor der französischen Präsidentschaftswahl.
> Doch ist Mitgefühl ein gutes Wahlkriterium?
Bild: „Seine Energie ist legendär…“, sagt eine Stimme aus dem Off über …
Paris taz | Vor der französischen Präsidentschaftswahl überbieten sich die
verschiedenen Sender mit möglichst originellen Konzepten, um möglichst hohe
Einschaltquoten zu erzielen. Eine Talkshow auf dem französischen
Fernsehsender M6 will die Begegnung mit dem hinter dem Politiker und der
Politikerin verborgenen Menschen ins Zentrum stellen. Mit dem Titel „Une
ambition intime“ wird angetönt, zwischen der politischen Ambition und der
persönlichen Privatsphäre bestehe ein direkter Zusammenhang.
Die Neugier der Zuhörer jedenfalls ist geweckt, da ihnen ein Striptease von
Prominenten angekündigt wird. Aber es hagelte auch im Voraus schon Kritik.
Was soll das, die BewerberInnen um die Staatsführung über ihre selektiven
Kindheitserinnerungen, über ihre Familie, ihren Geschmack und
vermeintlichen persönlichen Stärken oder Schwächen zu befragen – und sie so
gegebenenfalls zu verharmlosen oder lächerlich machen?
Ist das wichtig, dass der Konservative Bruno Le Maire vor dem Schlafengehen
deutsche Gedichte liest, dass der Gründer der Linkspartei in Frankreich von
Arien der Operndiva Maria Callas zu Tränen gerührt wird oder dass Marine Le
Pen Hortensien liebt und gern bretonische Kuchen backt, in ihrer Jugend
aber Schweres durchgemacht hat? Sie durfte nämlich beispielsweise nicht wie
andere die „Pif“-Comichefte lesen, weil diese vom Parti Communiste
Française herausgegeben wurden.
Auch erzählt sie der Journalistin Karine Le Marchand, wie traumatisch es
für sie als Achtjährige war, als ein Bombenanschlag auf ihren Vater,
Jean-Marie Le Pen verübt wurde. Das steht zwar schon längst in ihrer
Autobiografie, aber so kurz vor der Wahl macht sich die Horrorstory immer
gut, um sie ihren Wählern menschlich näher zu bringen. Ist Mitgefühl ein
gutes Wahlkriterium?
## Alles Montage
Natürlich möchten die Leute wissen, was das für Menschen sind, die das Land
regieren. In dieser Talkshow aber erfahren sie zwar manche dem breiten
Publikum unbekannte Kleinigkeiten, aber nichts Wesentliches. Interviewerin
Le Marchand spielt selber eine Rolle, indem sie mit allem Charme eine
Intimbeichte inszeniert. In diesen Sendungen ist alles Montage wie in einer
Realityshow.
Die am Bildschirm gezeigte Begegnung in einer als gute Stube arrangierten
Kulisse ist ein Zusammenschnitt der „besten Momente“, umrahmt mit Musik und
angereichert durch ausschließlich positiven Aussagen von Angehörigen. Vom
Gast Nicolas Sarkozy sagt eine Offstimme: „Seine Energie ist legendär …“
Die Interviewerin selber klammert alle riskanten Themen aus und reagiert
mit gestelltem Erstaunen auf die vorbereiteten Antworten. Unkritischer geht
es nicht. So wird Politik entpolitisiert.
10 Oct 2016
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Fernsehen
Wahlkampf
Marine Le Pen
Nicolas Sarkozy
ZDF Neo
Lesestück Recherche und Reportage
Nicolas Sarkozy
Schwerpunkt Frankreich
Nicolas Sarkozy
Nicolas Sarkozy
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Frankreich
## ARTIKEL ZUM THEMA
ZDF-Serie „Volksvertreter“: Anne Will mit Duzen und Pizzaessen
Schauplatz ist ein Hinterhofloft in Berlin-Neukölln. Dort reden Politiker
mit Bürgern – und zwar in denselben Floskeln wie in Polit-Talkshows.
Themen in deutschen Talkshows: Blick nach rechts
In den Talkshows von ARD und ZDF geht es vor allem um Terror, Flucht und
Islam. Also um die Lieblingsthemen der Rechten.
Politische Trump-Fans in Frankreich: Sarkozy ist jetzt Systemgegner
Nicht nur Marine Le Pen sieht sich im selben Lager wie Donald Trump. Auch
Nicolas Sarkozy will nun von der Anti-Eliten-Stimmung profitieren.
Proteste in Frankreich: Es lebe die „wahre“ Familie
Tausende ultrakonservative Unterstützer der Bewegung „Manif pour tous“
demonstrieren in Paris wieder einmal gegen die Homo-Ehe.
Vorwahl der Konservativen in Frankreich: Seitensprung gegen Sarkozy
Linke Wähler in Frankreich wollen den Ex-Präsidenten bei der Vorwahl der
Konservativen stoppen. Dafür greifen sie zu einem legalen Trick.
Wahlkampfspenden aus Libyen: Sarkozy wird von Gaddafi eingeholt
Kurz vor der Kandidatenwahl der Konservativen für die Präsidentschaft wird
die Affäre um Nicolas Sarkozy neu aufgerollt. Diesmal geht es um Notizen.
Frankreichs Wirtschaftsminister Macron: Rücktritt im Wahlkampf
Der 38-jährige Emmanuel Macron soll Ambitionen auf eine
Präsidentschaftskandidatur haben. Sein Rücktritt wird in jedem Fall als
Rückschlag für Hollande gewertet.
Kommentar Sarkozys neuer Anlauf: Trump à la française
Sarkozys Kandidatur zeigt, wie auch Frankreich weiter nach rechts driftet.
Sarkozy setzt klar auf die Themen Angst und Ausländerfeindlichkeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.