# taz.de -- „Der kleine Prinz“ als Hörbuch: Gleich drei Mal mit dem Herzen… | |
> Antoine de Exupérys „Der kleine Prinz“ ist unverwüstlich. Als Hörbuch | |
> gibt es ihn von klassisch bis luzid. Drei lohnenswerte Produktionen. | |
Bild: Muss man nicht lesen, kann man hören: „Der kleine Prinz“ | |
Verhakelt im Alltag, mit Stress und Hektik und Oberflächlichkeit, kann „Der | |
kleine Prinz“ mit seinen geruhsamen Weisheiten ganz schön nerven. Aber | |
Halt! Gerade das ist es doch, was Antoine de Exupéry meint: zurückschalten | |
und nachdenken, und: „Mit dem Herzen sieht man gut. Das Wesentliche ist für | |
das Auge unsichtbar.“ | |
Es muss ja nicht immer kompliziert sein und tut ganz wohl, sich auf | |
wichtige Fragen zurückzubesinnen. „Was heißt vergänglich?“ Und was macht | |
einen von vielen zum Freund? Oder darüber nachzudenken, dass „zähmen“ bei | |
„Saint Ex“ nicht „unterjochen“ bedeutet, sondern Verbindungen eingehen. | |
Hörbuch und Hörspieladaptionen von „Der kleine Prinz“ gibt es wie Sand in | |
der Wüste, drei lohnenswerte Produktionen seien hier vorgestellt. | |
Hörspielregisseur Kai Grehn hat den Text neu übersetzt und für Hörbuch | |
Hamburg zu einem luziden und stimmigen Hörspiel verarbeitet, heraus | |
gekürzte Passagen werden nicht vermisst (Der kleine Prinz, Hörbuch Hamburg, | |
1 CD, ca. 71 Min.). Die extraterrestrische Klangwelt, die das Berliner | |
Electronic-Zweigespann Tarwater zusammen mit alva noto erzeugen, | |
unterfüttert die träumerische, aber doch erdverbunden-realistische | |
Grundstimmung. Alva noto ist der Chemnitzer Musiker und bildende Künstler | |
Carsten Nicolai, der auch das Sternen-Cover gestaltet hat, auf dem man | |
vergeblich nach bekannten Sternbildern suchen kann. | |
Das Sprecherensemble ist sehr stimmig, Alexander Fehling ist ein | |
gewitzt-weiser Prinz und Martin Wuttke gibt dem Piloten eine | |
nachdenklich-optimistische Note, Paula Beer ist als Rose treffend | |
überspannt. Dieter Hallervorden darf als König seine seltsam anmutenden | |
Weisheiten leicht verrückt droppen: „Autorität obliegt der Vernunft. Man | |
kann nur verlangen, was jemand zu leisten vermag.“ | |
## Szenische Lesung mit dem Ensemble der Drehbühne Berlin | |
Aus dem deutschen „Kleine Prinz“-Urverlag Karl Rauch kommt eine szenische | |
Lesung mit dem Ensemble der Drehbühne Berlin, die die den Kleinen Prinzen | |
seit zwölf Jahren auch als Theaterstück im Programm hat (Der kleine Prinz, | |
Karl Rauch Verlag, 2 CDs, ca. 124 Min.). Textgrundlage ist die | |
Originalübersetzung von Grete und Josef Leitgeb (offenbar ist der Verlag so | |
von der Einzigartigkeit der Übersetzung überzeugt, dass sie die Leitgebs | |
gar nicht namentlich erwähnen), die manchmal nicht mehr ganz zeitgemäßen | |
Rollenbildvorstellungen der fünfziger Jahre sind somit erhalten. | |
Christian Hagitte hat eine recht gefühlige Klaviermusik komponiert, die | |
sich im Hörverlauf aber immer organischer in die Lesung einspielt. Nanda | |
Ben Chaabane und Lorenz Christian Köhler sprechen den Text in verteilten | |
Rollen und machen mit ihren wohlmodulierten Stimmen ein großes | |
Sprecherensemble überflüssig. | |
Eine vollständige Lesung des „Kleinen Prinzen“ hat oetinger audio | |
produziert (Der kleine Prinz, oetinger audio, 2 CDs, ca. 106 Min.). Die | |
Neuübersetzung von Maya Geis ist behutsam, sie hat Formulierungen | |
modernisiert, kleidet poetische Ellipsen der Originalübersetzung sprachlich | |
aus, was insbesondere jüngere Hörer zu schätzen wissen werden. | |
Interpretatorisch bleibt sie weitgehend deckungsgleich mit der alten | |
Fassung, einzig das „Zähmen“ ist bei ihr „sich vertraut machen“ und | |
verliert dadurch die gegenseitige Facette des „Verbindungeneingehens“. | |
August Zirner macht sich den Text komplett zu eigen, verleiht den | |
Charakteren mit durchdachter Stimmmodulation eine schratige | |
Einzigartigkeit. Die wehmütige Nachdenklichkeit, die er dem Piloten | |
verleiht, macht spürbar, dass dieser sich mit dem kleinen Prinzen nicht nur | |
vertraut gemacht hat, sondern tatsächlich eine freundschaftliche Verbindung | |
mit dem bodenständigen Außerirdischen eingegangen ist. | |
Zusammen mit Kai Struwe hat Zirner die Musik komponiert und lässt zwischen | |
den Kapiteln eine von Schlagwerk flankierte, bisweilen etwas impertinente | |
Querflöte auf das eben Gehörte eingehen und auf Kommendes vorbereiten, das | |
macht die Produktion rund. | |
3 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Sylvia Prahl | |
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