# taz.de -- Neue Mehrheiten für Niedersachsen: Die linke Nummer eins | |
> Musikproduzent Diether Dehm will bei Landtagswahl 2018 Spitzenkandidat | |
> für die Linke werden. Er könnte ein Türöffner für Rot-Rot-Grün sein. | |
Bild: Half einem minderjährigen Flüchtling über die Grenze nach Deutschland:… | |
HANNOVER taz | Diether Dehm, Liedermacher, Ex-Sozialdemokrat und | |
Bundestagsabgeordneter der Linken, liebäugelt mit einer Spitzenkandidatur | |
bei den niedersächsischen Landtagswahlen im Januar 2018: „Ich wollte | |
eigentlich endlich wieder ganz Künstler werden. Bin aber gebeten worden, | |
entweder für die Bundestagswahl im kommenden September oder für die | |
Landtagswahl auf Platz eins der Landesliste zu kandidieren.“ | |
Er habe sich „noch lange nicht entschieden“, sagt Dehm, der von 2004 bis | |
2010 Vorsitzender der Linken in Niedersachsen war. Der 66-Jährige ist | |
bundesweit eines der bekanntesten Gesichter der Partei. Aktuell hat die | |
Staatsanwaltschaft Fulda die Immunität des Parlamentariers aufheben lassen. | |
Dehm bestätigt das. Ihm wird Beihilfe zur illegalen Einreise vorgeworfen, | |
weil er im August einen minderjährigen Flüchtling von Italien zu dessen | |
Vater nach Deutschland gebracht haben soll – über die Grenze habe er den | |
Jungen im Kofferraum transportiert. | |
Im Februar schäumten vor allem CDU und CSU: Zuvor war bekannt geworden, | |
dass Dehm für das einstige RAF-Mitglied Christian Klar einen Hausausweis | |
des Bundestags beantragt hatte. Für einen „sehr geringen monatlichen | |
Geldbetrag“ habe Klar Dehms Internetseiten technisch betreut, sagt der | |
Linke. Und zur Bundespräsidentenwahl 2010 verglich Dehm die Entscheidung | |
zwischen Christian Wulff und Joachim Gauck mit einer Wahl zwischen Hitler | |
und Stalin. | |
Dehm kokettiert mit seiner Medienpräsenz. In Niedersachsen ist er eines der | |
bekanntesten Gesichter seiner Partei – und denkt darüber nach, seine | |
Bekanntheit auch zu nutzen. „Klar muss man Popularität optimal einsetzen“, | |
findet er. „Am liebsten gehe ich auf Marktplätze, spreche und singe“, | |
schränkt er dann aber ein. Der Liedermacher ist durch den innerparteilichen | |
Protest gegen die „Selbstkrönungen“ der Bundestagsfraktionschefs der | |
Linken, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, die sich in der vergangenen | |
Woche ebenfalls zu Spitzenkandidaten ausgerufen hatten, gewarnt. | |
Allerdings sei er schon zwölf Jahre Mitglied des Bundestags. Zeit für einen | |
Wechsel, soll das wohl heißen: Seine Partei wolle er „auf jeden Fall im | |
Landtag sehen“, betont Dehm. „Ich will die FDP in der Regierung und | |
rosagrünliche Sozialkürzungen genauso verhindern wie den Mehltau der großen | |
Koalition.“ | |
In Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover glauben manche bereits, Dehm | |
könne zu einer Art Türöffner für Rot-Rot-Grün werden. Über dieses „R2G�… | |
genannte Bündnis wird in Berlin aktuell zwar heftig diskutiert. Doch, ob | |
SPD, Grüne und Linke im Bund ihren Streit über existenzsichernde Renten, | |
Hartz IV und besonders über das von der Linken geforderte Ende aller | |
Bundeswehr-Auslandseinsätze beilegen können, ist mehr als ungewiss. | |
In Niedersachsen dagegen könnte die Zusammenarbeit klappen. Dehm | |
versichert, seit Jahrzehnten mit SPD-Ministerpräsident Stephan Weil | |
befreundet zu sein. Gerade in der Sozialpolitik sei es überfällig, dass SPD | |
und Linke wieder zusammenfänden, wirbt er – und stänkert nebenbei gegen die | |
Grünen, die ein elitäres Klientel bedienten. | |
Einfach wird das nicht. Zwar versucht Dehm, jeden Vorwurf von Karrierismus | |
von Vornherein zu verhindern und erklärt, er schließe die Übernahme eines | |
Ministeramtes aus. Bei Koalitionsverhandlungen sollten aber Gewerkschaften | |
und Sozialverbände anwesend sein, fordert er. Die könnten dann berichten, | |
wer wie sehr für gesellschaftlich Benachteiligte kämpfe. | |
Um Krieg und Frieden geht es in Niedersachsen nicht – Ausfälle wie 2014, | |
als Dehm zusammen mit dem nach Antisemitismus-Vorwürfen vom Rundfunk | |
Berlin-Brandenburg gefeuerten Radiomoderator Ken Jebsen bei den | |
verschwörungstheoretisch geprägten „Friedenswinter“-Demonstrationen | |
auftrat, sind in Hannover nicht zu befürchten. Dehm sah sich danach | |
Vorwürfen ausgesetzt, er arbeitete gemeinsam mit Neo-Nationalsozialisten an | |
einer „Querfront“. | |
Bevor er in Niedersachsen als Spitzenkandidat antreten kann, muss der | |
Tausendsassa der Linken allerdings noch seine Genossinnen und Genossen | |
überzeugen. Das betont auch Landesparteichef Herbert Behrens: Über das | |
Personaltableau werde demokratisch bei Aufstellungsversammlungen | |
entschieden. „Wir müssen darauf achten“, warnt Behrens, „dass wir unsere | |
Mitglieder im Boot behalten.“ | |
4 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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