| # taz.de -- Freihandelsabkommen mit der EU: „Kein Wunschkonzert“ für Brüs… | |
| > Der EuGH prüfte in einem Präzedenzfall, ob EU-Gremien Verträge wie Ceta | |
| > allein abschließen können. Das scheint nicht der Fall zu sein. | |
| Bild: Weltweiter Handel beschäftigt die EU derzeit in Form von Freihandelsabko… | |
| Luxemburg taz | Freihandelsabkommen wie Ceta und TTIP sind vermutlich als | |
| „gemischte Abkommen“ einzustufen. Das zeichnet sich nach einer mündlichen | |
| Verhandlung am Europäischen Gerichtshof (EuGH) ab. Es müssten dann alle | |
| nationalen Parlamente der 28 EU-Staaten zustimmen – in Deutschland also | |
| Bundestag und Bundesrat. | |
| Zwei Tage wurde am EuGH über das Freihandelsabkommen der EU mit Singapur | |
| verhandelt. Aber es stellten sich schon jetzt alle Fragen, die sich früher | |
| oder später auch bei Ceta (dem unterschriftsreifen Vertrag mit Kanada) und | |
| TTIP (dem noch nicht ausverhandelten Abkommen mit den USA) stellen werden. | |
| Die EU-Kommission hatte den Fall vor den EuGH gebracht und von ihm ein | |
| Gutachten eingefordert. Sie findet, dass die EU-Gremien solche Verträge | |
| allein beschließen können. Kommissionsvertreter Ulrich Wölker erinnerte an | |
| den Lissabon-Vertrag von 2009. Danach sollte die EU die ausschließliche | |
| Zuständigkeit zum Abschluss internationaler Handelsverträge bekommen. „Doch | |
| nun versuchen die Mitgliedstaaten, alles wieder ganz eng auszulegen, damit | |
| doch alle nationalen Parlamente zustimmen müssen“, klagte Wölker. Das führe | |
| nur zu unnötigen Verzögerungen. | |
| Sonja Boelaert, die Vertreterin des EU-Ministerrats, hielt dagegen: | |
| „Schwierigkeiten bei der Durchführung können die Zuständigkeitsfrage nicht | |
| beeinflussen.“ Das soll heißen: Auch wenn es länger dauert, müssten die | |
| nationalen Parlamente solchen Verträgen aus rechtlichen Gründen nun mal | |
| zustimmen. Und alle 15 EU-Staaten, die sich in Luxemburg zu Wort meldeten, | |
| sahen es genauso, inklusive der deutschen Bundesregierung. | |
| ## Der EuGH kann die Regelungen nicht einfach übergehen | |
| „So wie ein Tropfen Pastis ein Glas Wasser trüben kann, so kann schon eine | |
| einzelne Bestimmung in einem umfangreichen Vertrag diesen zu einem | |
| gemischten Abkommen machen“, betonte die niederländische Vertreterin | |
| Marianne Gijsen. Und es waren sogar fast ein Dutzend Regelungen, die laut | |
| den Mitgliedstaaten eine ausschließliche EU-Kompetenz verhindern. So viele | |
| Pastistropfen wird der EuGH, gerade in der aktuellen EU-kritischen | |
| Stimmungslage, kaum übergehen können. | |
| Vor allem zwei Punkte dürften dabei aber im Mittelpunkt stehen. So hat die | |
| EU seit 2009 zwar die Kompetenz, bei Handelsverträgen auch Regelungen über | |
| „ausländische Direktinvestitionen“ zu treffen. Die neuen Abkommen betreffen | |
| aber nicht nur langfristige Beteiligungen, sondern auch kurzfristige | |
| Spekulationsgeschäfte, für die die EU keine exklusive Kompetenz habe. „Das | |
| wollten die EU-Staaten damals ausdrücklich verhindern“, betonte der | |
| Vertreter Litauens. Und Thomas Henze, der deutsche Vertreter, verwies auf | |
| die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum EU-Lissabon-Vertrag. | |
| Dort sei diese Sichtweise der EU-Verträge für Deutschland sogar als | |
| „bindend“ erklärt worden. | |
| Außerdem heißt es in den EU-Verträgen ausdrücklich, dass | |
| Verkehrsdienstleistungen nicht von der EU-Kompetenz für Handelspolitik | |
| umfasst sind. Die Versuche der Kommission, andere Kompetenznormen zu | |
| finden, stießen auf heftigen Widerstand der Mitgliedstaaten. | |
| Die Richter fragten nicht viel, aber ein Wortwechsel des EuGH-Präsidenten | |
| Koen Lennaerts mit dem Kommissionsvertreter war aufschlussreich. „Das ist | |
| hier doch kein Wunschkonzert“, rief Lennaerts, als dieser die | |
| vermeintlichen EU-Kompetenzen bei Portfolio-Investitionen zu windig | |
| begründete. | |
| Die Freihandelsabkommen an sich stellte in Luxemburg kein EU-Staat infrage. | |
| Die Beteiligung der nationalen Parlamente soll wohl nur die Legitimation | |
| der Verträge erhöhen und nationale Souveränitätsrechte betonen. Der EuGH | |
| wird sein Gutachten vermutlich erst 2017 verkünden. | |
| 13 Sep 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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