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# taz.de -- Kommentar Berlin-Wahl: Linke rücken zusammen
> Eine linke Front aus SPD, Grünen und Linken ist wahrscheinlich. Die
> Signalwirkung dieses Trios für den Bund ist allerdings begrenzt.
Bild: Auf die künftige Koalition kommen viele Baustellen zu. Nicht nur in Berl…
Schon vor der Wahl scheint alles klar: Das Land Berlin wird künftig von
einer Koalition aus SPD, Grünen und Linken regiert werden. Weil die AfD
laut allen Umfragen mit 12 bis 15 Prozent erstmals ins Abgeordnetenhaus
einziehen wird, ist etwas anderes als eine Dreierkombo schon zahlenmäßig
nicht mehr möglich. Ein anderer Grund: In Berlin liegen die drei
tendenziell linken Parteien in der Wählergunst eng beisammen. Der SPD
werden als wahrscheinlich stärkster Partei höchstens 24 Prozent, der Linke
als schwächster der drei mindestens 14 Prozent vorhergesagt.
Kann eine „linke Front“ in Berlin nicht auch ein Signal sein für den Bund,
wo genau in einem Jahr gewählt wird und die SPD vor der Frage steht, wie
sie sich eine Machtoption erarbeiten kann? Eigentlich nicht.
Rot-Grün-Rot ist in Berlin möglich, weil es in der Stadt seit Anfang des
Jahrhunderts eine strukturelle linke Mehrheit gibt. Davon können
Sozialdemokraten, Grüne und Linke in den meisten anderen Bundesländern, und
erst recht im Bund, nur träumen.
Vielmehr ist der wahrscheinliche Wahlausgang in Berlin ein weiterer Beleg
dafür, dass jede Landtagswahl ihre regionalen Besonderheiten hat – bei
WählerInnen ebenso wie bei den Parteien. Und dass sich diese Besonderheiten
deutlicher als früher im Wahlergebnis und – durch die Stärke der bisher von
Koalitionen ausgeschlossenen AfD – letztlich auch stärker in der Regierung
widerspiegeln.
## Die politischen Fronten sind verhärtet
Ein Blick auf das bisherige Wahljahr zeigt das: In Baden-Württemberg holten
die Grünen dank eines pragmatischen Spitzenkandidaten und Amtsinhabers mehr
als 30 Prozent. Davon sind sie in Berlin – ebenfalls Hochburg der
Ex-Alternativen – mit laut Umfragen 16 bis 19 Prozent weit entfernt; in
Mecklenburg-Vorpommern flogen sie gar aus dem Landtag.
Der Linkspartei droht in den meisten West-Bundesländern das gleiche
Schicksal – wenn sie dort überhaupt eine Chance hat. Selbst im Osten ist
sie, wie die Ergebnisse aus Schwerin vor zwei Wochen zeigten, längst keine
verlässliche Größe mehr.
Die SPD wird am Sonntag sicher feiern, dass nach Rheinland-Pfalz und
Mecklenburg-Vorpommern in Berlin erneut einer ihrer Ministerpräsidenten im
Amt bestätigt wurde. Doch Michael Müller wird aller Voraussicht nach eins
der schlechtesten Ergebnisse für Berlins Sozialdemokraten seit 1945
einfahren.
In anderer Hinsicht dürfte das Hauptstadt-Ergebnis allerdings exemplarisch
sein: Es zeigt, wie sich die politischen Fronten verhärten. Denn der
künftigen linken Regierung steht mit CDU und AfD (und vielleicht noch der
FDP, der um die 5 Prozent vorhergesagt werden), eine harte konservative
Opposition entgegen. Auch wenn Union und Rechtspopulisten offiziell eine
Zusammenarbeit ausschließen – ihr Ziel wird in den kommenden fünf Jahren
dasselbe sein: der rot-grün-roten Regierung ordentlich einzuheizen.
## Der Druck ist groß, die Not auch
Nichtsdestotrotz kommt mit SPD, Grünen und Linken in der Hauptstadt
zusammen, was zusammengehört – wenn auch notgedrungen. Die in Berlin
pragmatisch orientierte Linkspartei hat schon von 2002 bis 2011 zusammen
mit der SPD regiert. 2011 wäre dann ein Bündnis aus SPD und Grünen
rechnerisch knapp möglich und politisch repräsentativer gewesen: Immerhin
saßen auch noch Linke und Piraten im Abgeordnetenhaus; die FDP war dagegen
an der Fünfprozenthürde gescheitert.
Doch Klaus Wowereit, der damalige Regierende Bürgermeister, entschied sich
aus Sicherheitsgründen und persönlichen Animositäten zum grünen
Spitzenpersonal für die Union. Eine kongeniale Fehleinschätzung, wenn man
auf die ausklingende Wahlperiode mit ihren Pannen und Pleiten zurückblickt:
vom Flughafen BER über die Mietenexplosion bis zur kollabierenden
Verwaltung.
Auf die künftige Koalition kommen also viele Baustellen zu. Der Druck ist
groß, die Not auch. Gute Bedingungen dafür, dass Berlin aus den schlimmsten
Schlagzeilen rauskommt.
17 Sep 2016
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
Abgeordnetenhauswahlen 2016
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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Abgeordnetenhauswahlen 2016
Berliner Bezirke
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