# taz.de -- Absturz der Piratenpartei: Kaum messbar bis drei Prozent | |
> Umfragetief hin, internes Parteiengezänk her: Die Piraten wollen bei | |
> ihrem Bundesparteitag nach vorne schauen – und auf Protestwähler | |
> verzichten. | |
Bild: Wieviele werden diesmal gebraucht? Seit 2012 haben die Piraten zwei Dritt… | |
HANNOVER dpa | Seine Durchhalteparole verbreitet Piraten-Chef Stefan Körner | |
schon vor dem Bundesparteitag in Wolfenbüttel. „Wir wollen die Botschaft | |
aussenden: Wir sind noch da“, sagt der Bundesvorsitzende von Deutschlands | |
Piratenpartei. Körner versucht es noch einmal mit den alten Sprüchen: „Wir | |
sind die Partei des digitalen Wandels – die Partei, die im Neuland geboren | |
wurde.“ Als etwas anderer Partei gelang ihr zwar einst die Mobilisierung | |
breiter Wählerschichten, doch die Erfolgswelle ebbte schnell ab. Viele der | |
Protestwähler unter ihren Anhängern dockten bei anderen Parteien an. | |
Aus ihrer Nische im Parteienwettbewerb kamen die Piraten nie so recht | |
heraus. „Bei Umfragen liegen wir heute zwischen kaum noch messbar und bis | |
zu drei Prozent“, muss auch Körner zugeben, der seit 2014 im Chefsessel der | |
Bundespartei sitzt. „Wir haben bundesweit 400 Mandatsträger auf allen | |
Ebenen und rund 12.000 Mitglieder.“ | |
Diese Zahl ist ein herber Rückschlag – denn sie ist weit entfernt von den | |
35.000 Mitgliedern, die es noch 2012 gab. Ist damit der Weg der Piraten in | |
die politische Versenkung unausweichlich? Die nächste Breitseite ist bei | |
der Berlin-Wahl am 18. September zu erwarten, wo es die Piraten nach ihren | |
Erfolgen 2011 nicht wieder ins Abgeordnetenhaus schaffen dürften. | |
Die Parteiführung schiebt den Gedanken an das eigene Scheitern von sich. An | |
diesem Wochenende wollen sie die Piraten bei ihrem Bundesparteitag trotzig | |
wieder auf Erfolgskurs trimmen und dabei auch den Bundesvorstand neu | |
bestimmen. In Niedersachsen auch deshalb, weil dort am 11. September | |
Kommunalwahlen anstehen und sich die Piraten mit ihren Themen in Städten | |
und Gemeinden durchaus Chancen ausrechnen. | |
Rund 500 Parteimitglieder werden in Wolfenbüttel erwartet. Sie wollen | |
Politik mitgestalten, auch wenn das kein Selbstläufer ist. Die Zahl 500 ist | |
ein Schätzwert, da die Partei mit ihrem basisdemokratischen Ansatz kein | |
Delegierten-System kennt. Im Klartext: Jedes Mitglied, das sich berufen | |
fühlt, kann kommen. | |
## Lieber keine Protestwähler | |
Angesichts der schlechten bundesweiten Stimmungslage erscheinen die | |
Wahlchancen der einst so erfolgsverwöhnten Anhänger des | |
Internet-Liberalismus zwar überschaubar. Aber dennoch wollen sie sich aktiv | |
etwa mit den Folgen des digitalen Wandels für die Menschen und deren | |
Mitbestimmungsrechte in der Politik auseinandersetzen. | |
„Die Piratenpartei ist in diesen turbulenten Zeiten wichtiger denn je“, | |
heißt es auf der Einladung zum Parteitag. Sie sei mehr als eine reine | |
Internetpartei rund um die digitale Gesellschaft. Sie sei auch eine Partei | |
der gesellschaftlichen Teilhabe und der sozialen Gerechtigkeit, die für | |
eine gerechte Flüchtlingspolitik eintrete und das Recht auf informationelle | |
Selbstbestimmung hochhalte. | |
Die Parteiführung setzt auch darauf, dass die verbliebenen Mitglieder genau | |
diejenigen sind, die die Piraten wirklich voranbringen können. Es wären | |
angesichts der Erfolgswelle der jungen Formation zu viele bei den Piraten | |
an Bord gegangen, die eigentlich gar nicht dazugehörten. „Natürlich hatten | |
wir die Möglichkeit, Protestwähler anzuziehen – das tun wir heute nicht | |
mehr“, sagt Ober-Pirat Körner und setzt nach: „Ich glaube, dass wir das | |
verschmerzen können.“ | |
26 Aug 2016 | |
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