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# taz.de -- Die Wahrheit: Das Grab des Hamsters
> Sogar eine harmlose Kleintierbestattung kann einen direkt in die Fänge
> der Kripo geraten lassen.
Bild: Diese Ziege überlebte die Grüne Woche.
Der Hamster des Sohnes eines Bekannten, der Persiko hieß (der Hamster, wer
sonst), produzierte neulich seinen letzten Quietscher und kugelte leblos
vom Hamsterrad. Nun sollte man vom Namen keine Rückschlüsse auf den
Lebenswandel ziehen, Dsungarische Zwerghamster werden nur selten älter als
drei Jahre, und Persiko starb mit 35 Monaten nach einem ereignisreichen
Leben mit vielen vorgelesenen „Mecki“-Büchern – dort gibt es die sieben
Goldhamster, die den penetranten Igel auf der Flucht vor dem
triebtäterartigen Unhold Charly Pinguin durch rauschhaft gezeichnete
Wunderwelten begleiten.
Vielleicht wollte Persiko auch genau jener Wunderwelt entkommen. Begraben
wurde er jedenfalls in der Nachbarschaft, genauer in der Berliner
Hasenheide auf einer Wiese unweit eines beliebten Dealer-Treffpunkts, den
der Sohn des Bekannten ausgewählt hatte, weil die Männer ihn und seine
Mutter immer so aufmerksam ansprächen, wenn beide dort mit dem Laufrad
vorbeischlenderten.
Persiko bekam ein kleines heidnisches Symbol auf den Hügel gesetzt und kam
nur knapp um das Vorsingen von Frank Zanders Acid-beflügeltem Hamsterlied
„Alles Gute zum Geburtstag“ herum, das die Eltern des Jungen dann doch als
unangebracht für den Anlass erachteten. Stattdessen gab es ein
handgeschriebenes Zettelchen mit „R.I.P. Persiko“ und den Namen des
infantilen Besitzers.
Ein paar Wochen später klingelte die Polizei bei meinem Bekannten. Die
Beamten fragten nach Buddelarbeiten in der Hasenheide. Meinem Bekannten
fielen die heidnischen Hamsterexequien ein. Ob das denn verboten sei? Das
auch, sagten die Polizisten, aber darum ginge es nicht. Man habe unweit der
schon recht verwesten Hamsterknochen vor zwei Tagen menschliche Überreste
ausgegraben, einen ganzen Menschen gar, nur fehlten ein paar wichtige
Knochen zur Identifizierung. Ob man bei der Hamsterbestattung vielleicht
aus Versehen ein paar Knochen weggebuddelt oder mitgenommen habe, oder ob
einem sonst etwas Ungewöhnliches aufgefallen sei?
Nein, sagte mein Bekannter, man habe gar nichts von der Grabstätte
mitgenommen, außer den kleinen weinenden Sohn, und ob man die ganze
Geschichte denn jetzt wirklich wieder ausgraben müsse, wo just Gras drüber
gewachsen wäre und die kleine Rückenstreifen-Zierschildkröte, die sowohl
vom Geräuschpegel als auch von der Pflege her viel besser in den Haushalt
passe, dabei sei, die Lücke im Herzen des Sohnes zu füllen.
Die Beamten pochten dennoch darauf, den ehemaligen Standort des
Hamsterkäfigs inspizieren zu dürfen. Mitten in noch nicht weggesaugten
Streuresten auf dem Teppich lag ein Piratenmesser, das der Sohn kurz vorher
im Spiel mit selbst hergestelltem Kunstblut beschmiert hatte. Es liegt
jetzt im Polizeilabor, und der Vater wartet in Untersuchungshaft auf die
Ergebnisse. Hoffentlich hatte die Rote Bete nicht die gleiche Blutgruppe
wie das Opfer.
2 Sep 2016
## AUTOREN
Jenni Zylka
## TAGS
Tierwelt
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