# taz.de -- Weblog Die Achse des Guten: Scharf rechts abgebogen | |
> Henryk M. Broder regt sich über Migranten, Merkel und die Medien auf. Und | |
> bekommt damit immer mehr Applaus von rechts. | |
Bild: Henryk Broder, Archivbild aus dem Jahr 2012 | |
Es gibt wahrscheinlich schmeichelhaftere Komplimente, als mit Udo Ulfkotte | |
verglichen zu werden. Ulfkotte ist Verschwörungstheoretiker, schreibt für | |
den rechtsesoterischen Kopp-Verlag und tritt bei Veranstaltungen | |
ausländerfeindlicher Vereinigungen wie Pegida und der AfD auf. Nebenbei hat | |
er die als mindestens rechtspopulistisch einzustufende Bewegung „Pax | |
Europa“ gegründet und gilt als Verbinder zwischen der Neuen Rechten und | |
Kopp. | |
Für Madelaine Chaproll sind er und Henryk M. Broder so etwas wie die | |
letzten Helden des deutschen Volkes. „Macht endlich etwas für die Zukunft | |
dieser Nation. Ihr könnt nicht nur von einigen mutige Menschen wie der | |
liebe Broder oder Ulfkotte auf Dauer erwarten, ihr Haut ständig für ein | |
passives Volk, zu riskieren“ (Fehler im Original), kommentiert sie einen | |
Beitrag von Henryk M. Broder auf der Achse des Guten (achgut.com). | |
Chaproll ist Autorin belangloser Unterhaltungsliteratur. Doch sie schreibt | |
auch für das rechtsradikale Compact Magazin des Verschwörungstheoretikers | |
und „Querfront“-Strategen Jürgen Elsässer und die Seite des Kopp-Verlags, | |
wo mehr oder weniger unterschwelliger Antisemitismus zum guten Ton gehört. | |
Dass sich in Foren und Kommentarspalten immer häufiger rechte Hetzer und | |
Verschwörer herumtreiben, erleben viele Blogger und große Medien schon seit | |
Langem. Man könnte nun sagen: Die LeserInnenschaft der eigenen Seite können | |
deren Betreiber nur bedingt beeinflussen. Nur: Dass Broder mit seiner Achse | |
des Guten vermehrt Beifall von rechts bekommt, ist kein Zufall. | |
## Die Zugriffszahlen steigen | |
Broder hat den politischen Blog Achse des Guten 2004 zusammen mit den | |
beiden Journalisten Dirk Maxeiner und Michael Miersch gegründet. In den | |
ersten Jahren schrieben Kritiker dem Blog eine liberale bis neokonservative | |
Haltung zu. Aber um 2010 herum mehrten sich Kritiker von der Zeit bis hin | |
zur FAZ und auch aus der Wissenschaft. Die Sprachwissenschaftlerin Sabine | |
Schiffer stufte die Seite als antiislamisch ein. | |
Selbst einer der Mitgründer, Michael Miersch, wurde zum Kritiker und schied | |
aus Protest Anfang 2015 aus. Da war von Flüchtlingen und der seither | |
verschärften Rhetorik noch keine Rede. „Besonders stört mich dabei der hohe | |
apokalyptische Ton, den ich an Öko-Predigern immer kritisierte, der sich | |
inzwischen jedoch auf der Achse ausgebreitet hat. (…) Gelassenheit und | |
Distanz – zwei wichtige journalistische Tugenden – sind verloren gegangen�… | |
[1][schrieb er in seinem Abschiedseintrag.] | |
Der Ton blieb und die Zugriffszahlen steigen. Laut dem Internetdienst | |
SimilarWeb, der Webseitenzugriffe auswertet, hatte achgut.com im Juli 2016 | |
[2][knapp zwei Millionen Besucher,] doppelt so viele wie im Februar. | |
## Grenzwertige Formulierungen | |
Der Juli war ein guter Monat für Broder. Er polemisierte Ende Juli gegen | |
Journalistinnen und Journalisten, die seiner Meinung nach nicht brutal | |
genug über den Münchner Amokläufer geurteilt hatten: „Man hat wirklich | |
selten Gelegenheit, solche Gefühlskälte, Mitleidlosigkeit und Brutalität im | |
Gewande der Sachlichkeit am lebenden Objekt studieren zu können. Das | |
durchgehalten zu haben, und dabei – abgesehen von Ausnahmen menschlicher | |
Schwächen – anständig geblieben zu sein, das hat unsere Besten hart | |
gemacht.“ | |
Der letzte Satz ist eine Anspielung auf Heinrich Himmlers berüchtigte | |
Posener Rede. [3][Medienjournalist Stefan Niggemeier urteilt] auf der Seite | |
uebermedien.de: „Er spielt damit, die von ihm verachteten Publizisten in | |
die Nähe von SS-Offizieren zu rücken und ihre behauptete Gefühllosigkeit | |
und Brutalität mit der zu vergleichen, mit der die SS den Massenmord an den | |
Juden beging.“ Mit solchen Vergleichen wartet im deutschen Sprachraum sonst | |
nur die FPÖ auf. Deren Chef Heinz Christian Strache verunglimpfte etwa | |
Antifaschistinnen und Antifaschisten als „rote Nazis“. | |
Das Austeilen gegen Kritiker mit grenzwertigen Formulierungen ist nicht die | |
einzige Gemeinsamkeit mit Rechtspopulisten. Man teilt auch sonst einige | |
Feindbilder, etwa die „Tagesschau“. Für Broder ist sie eine Neuauflage der | |
„Aktuellen Kamera“ der DDR. Liberale Medien? Naiv, bestenfalls. Als Beweis | |
dient ihm jede von ihm geortete oder eingebildete Unregelmäßigkeit. | |
Worunter Broder zunehmend alles zu verstehen scheint, was nicht | |
rechtskonservativer oder neurechter Gesinnungsjournalismus ist. Das | |
schrammt nur haarscharf am Narrativ der „Lügenpresse“ vorbei, das von | |
Pegida, AfD und Co. eifrig verbreitet wird. | |
Der jüngste Ausfall in der Welt dürfte ihm Applaus des rechten Mobs | |
sichern: „Für mich ist Aleppo schlimmer alsAuschwitz. Auschwitz ist | |
Geschichte, bis ins letzte Detail dokumentiert.“ Auch wenn’s der Autor | |
nicht so meint, ein „Schwamm drüber“ reinzulesen, fällt nicht schwer. | |
## Weltverschwörer als Broder-Fans | |
Die als islamfeindlich und rechtsradikal eingestufte Seite PI News | |
übernimmt regelmäßig Einträge Broders von achgut.com. Öffentlich | |
distanziert sich Broder. Die Frage bleibt, ob Broder etwas dagegen | |
unternimmt, dass seine Beiträge regelmäßig von PI News zustimmend zitiert | |
werden. Und ob ihm das überhaupt ein Anliegen ist. | |
Abgerundet wird die rechte Fangemeinde Broders mit der sektoiden | |
Weltverschwörer-Bewegung OPPT. OPPT propagiert, dass alle Staaten der Welt | |
zwangsabgewickelt wären, die Anhänger treiben sich auf | |
Querfront-Veranstaltungen herum, antisemitische Äußerungen sind nicht | |
gerade selten. Es gibt personelle Überlappungen mit der „Freeman“-Bewegung, | |
die ihrerseits Verbindungen ins rechtsextremistische Lager hat. | |
Broder scheint sich keine Gedanken machen zu wollen über seine neuen Fans. | |
Und noch weniger darüber, ob er selber dazu beigetragen hat. Von der taz um | |
eine Reaktion gebeten, antwortet er lapidar: „Leider kann ich Ihnen nicht | |
helfen. Bitte versuchen Sie Ihr Glück woanders.“ | |
25 Aug 2016 | |
## LINKS | |
[1] http://www.achgut.com/artikel/na_dann_ohne_mich | |
[2] https://www.similarweb.com/website/achgut.com | |
[3] http://uebermedien.de/6935/broder-rueckt-journalisten-in-die-naehe-der-ss/ | |
## AUTOREN | |
Christoph Baumgarten | |
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