# taz.de -- Die Wahrheit: Nasenstüber für Uno-Bewerberin | |
> Neues aus Neuseeland: Die ehemalige Premierministerin Helen Clark will | |
> UN-Generalsekretärin werden. Die Maori sind dagegen. | |
Dass Hillary Clinton im Rennen um einen „Top Job“ ist, wissen alle. Dass | |
eine Kiwi-Frau von Format ebenfalls um einen Power-Posten kämpft, wissen | |
nur wenige. Es ist Helen Clark, Neuseelands ehemalige Premierministerin, | |
die sich gerade als Generalsekretärin der Vereinten Nationen bewirbt. Doch | |
wer versucht, sie als „UNGS“ zu verhindern? Ausgerechnet die Maori-Partei. | |
Sie protestiert gegen die Kandidatur. | |
Das Gebiss hat sich Helen Clark nie richten lassen, auch auf Frisöre und | |
falschen Charme verschwendet sie nicht viel Zeit – stattdessen hat sie | |
lieber Haare auf den Zähnen. Nach dem Sozialdemokraten David Lange, der | |
Aotearoa vor der Atomkraft bewahrte, war die fast schon sozialistische | |
Helen Clark das Kantigste, was dem kleinen Land je widerfahren war. Eine | |
Eiserne Lady mit Herz, die zeltet und bergsteigt. Egalitär und fair. Wir | |
verklären sie gern, was angesichts des jetzigen konservativen Premiers | |
leicht fällt. | |
Seit ihrem Rückzug aus der Politik liebäugelt Clark mit dem UN-Job und die | |
UNO mit ihr. Im April musste sie vor 173 Botschaftern in New York eine | |
Marathonrede halten, die so etwas wie ein öffentliches Bewerbungsgespräch | |
war – live gestreamt rund um die Welt. Die 66-Jährige war eine von neun | |
Bewerbern, wurde mit „Exzellenz“ angeredet, und die Abkürzungen flogen nur | |
so durch die Luft: SIDS, LDDC, QCPR, ECOSOC. | |
WTF (What the fuck?), dachte sich Clark. Sie ließ sich nicht aus der | |
Fassung bringen und betonte ihre Bodenständigkeit: „Ich wuchs auf einer | |
abgelegenen Farm in Neuseeland auf“..Sie arbeite hart und sei | |
widerstandsfähig. Das bewies sie, als sie mit tiefer Brummstimme 88 Fragen | |
von 45 Nationen beantwortete, von Völkermord über Klimawandel bis Twitter. | |
Dort folgen ihr eine Achtelmillion Menschen, das sind mehr als alle Schafe | |
in Neuseeland zusammen. Sie schlug sich tapfer, wir waren stolz. Erst | |
recht, als Clark ganz bikulturell in der Maori-Sprache ein Sprichwort | |
vortrug: „Was ist das Wichtigste in der Welt? Es sind Menschen, es sind | |
Menschen und es sind Menschen.“ | |
Ein paar dieser Menschen wollen, dass sich Clark bei ihnen entschuldigt. | |
Bevor es Ende August in die engere Auswahl der Kandidaten geht, bekam die | |
Top-Job-Anwärterin eine Ohrfeige: „Sie wollte nicht die UN-Erklärung der | |
Rechte Indigener Völker unterschreiben“, erklärte die stellvertretende | |
Parteivorsitzende der Maori-Partei. Vor zwölf Jahren habe Clark den | |
„Foreshore and Seabed“-Beschluss durchgeboxt, der der Urbevölkerung die | |
Besitz- und Nutzungsrechte des Küstenvorlandes und des Meeresbodens | |
abspricht. Und dann habe es da noch die „Uruwera Raids“ gegeben, einen | |
Großkampfeinsatz mit 300 Polizisten, die 2007 ein angebliches | |
Maori-Terroristennetz ausheben sollten. Ein Krieger vergisst nicht. | |
Prominente Maori-Politiker aus anderen Lagern überschlagen sich seitdem | |
darin, die Attacke wiedergutzumachen. Helen Clark hätte keine Kritik | |
verdient, sondern einen Hongi – den Maori-Nasenkuss. Wir drücken weiter die | |
Daumen. | |
25 Aug 2016 | |
## AUTOREN | |
Anke Richter | |
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