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# taz.de -- Die Wahrheit: Gärtnern verboten
> Neues aus Neuseeland: Mit manchen Legenden im Internet geht man am besten
> um, indem man ihnen immer Neues hinzudichtet.
Crazy Country, dieses Aotearoa! Wirkt so lieblich und harmlos, aber hat es
in sich. Während wir hier tief im Südhalbkugel-Winterschlaf dämmern,
schwappt eine Verbrechenswelle übers Land. Nein, nicht die 35 Pakete an
Kokain, die in einer mit Diamanten besetzten Pferdekopfskulptur versteckt
ins Land geschmuggelt wurden. Der größte Drogenfund in der Geschichte
Neuseelands, erst vorletzte Woche passiert. Wir sind wie immer zwanzig
Jahre hinterher. Oder schlimmer. Beginnen etwa jetzt erst die verkoksten
Achtziger down under? Mit Disco und Dauerwelle?
Was viel schwerer in der Kriminalitätsstatistik wiegt, und damit setzen wir
weltweit endlich mal einen Trend, sind Avocados. Nicht zum Berauschen – da
haben Kiwis ganz andere Gewächse –, sondern als Diebesgut. Da die
einheimische Ernte dieses Jahr so schlecht ausfiel, kosten manche Avocados
umgerechnet vier Euro pro Stück. Davon kann man ganze Familien mit Fish’n
Chips satt kriegen. Seit dem Preiswucher wird bestialisch geklaut. Nicht im
Supermarkt, sondern direkt in den Plantagen, säckeweise. Am Straßenrand
wird das grüne Gold dann verhökert.
Ein Foto ging daraufhin durch den Cyperspace: Eine vermummte Frau aus
Auckland vor einem kleinen Avocadobaum. Sie hat ihn nicht geplündert,
sondern gepflanzt. Das Bild ist das neueste Indiz in der Legende, an der
seit Jahren im Internet von einer gut gedüngten Spaßfraktion gebastelt
wird: dass Gärtnern in Neuseeland streng verboten sei. Nicht
Verschwörungstheoretiker sind daran schuld, sondern eine populäre Website.
„Mein Freund erzählte mir, dass es illegal sei, in Neuseeland einen Garten
zu haben“, lautete dort eine ahnungslose Frage aus Übersee. „Kann es mir
jemand erklären? Und bitte keine Hassmail, falls das jemanden beleidigt.“
Niemand war beleidigt. Im Gegenteil. Die Gelegenheit, etwas Besonderes zu
sein, wollten sich Kiwis nicht entgehen lassen. Glaubt man da draußen in
der weiten Welt auch, dass in Aotearoa Hobbits hausen? Und dass es zu
Australien gehört? Den Schmerz über so viel Unkenntnis kann man nur in
Stärke verwandeln. Die erste Antwort lautete daher: „Was ist ein Garten?
Sorry, bin ein junger Kiwi und hab davon noch nie gehört.“ Dann: „Heilige
Scheiße, hab’s gerade gegoogelt. So hübsch. Warum lernen wir darüber nichts
in der Schule?“
Jemand legte eine Lage Kompost drauf: „Darf man in anderen Ländern Gärten
haben? Sind die nicht überall illegal?“ Die Saat ging auf. Seitdem liefern
Internet-Leser eine Story nach der anderen. Über heimlich im Wald angelegte
Beete. Über Verhaftungen. Über Großvater, den alten Anarcho, der damals
einfach Süßkartoffeln setzte.
So lang und unangefochten zog sich die Diskussion dahin, dass jemand
schließlich entnervt fragte: „Ist das neuseeländische Anti-Garten-Gesetz
wahr oder nicht? Ehrlich, ich hab’s satt. Kann mir jemand einfach mal die
Wahrheit sagen.“ Die Wahrheit ist wie ein Avocadokern. Wenn die Frucht
noch nicht reif ist, dann sitzt er fest.
14 Jul 2016
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Neuseeland
Gärtnern
Avocados
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