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# taz.de -- Zu wenig Geld für Hartz-IV-Bezieher: „Die Grenze ist unrealistis…
> Das Jobcenter Oldenburg schuldet Hartz-IV-Empfängern vier Millionen Euro,
> sagt die Arbeitslosenselbsthilfe. Die Mietpauschalen des Amtes seien zu
> niedrig
Bild: Können sich Hartz IV-EmpfängerInnen kaum leisten: Waffeln bei einer Dem…
taz: Herr Grüner, Sie sagen, das Oldenburger Jobcenter habe in den
vergangenen zwei Jahren vier Millionen Euro auf Kosten von Hartz
IV-EmpfängerInnen gespart. Wie kommen Sie darauf?
Guido Grüner: Wir haben verglichen, wie groß die realen Aufwendungen für
Miet- und Heizkosten von Leistungsempfängern in Oldenburg sind und was das
Jobcenter davon übernimmt.
Und das ergibt vier Millionen Euro Differenz?
Ja – das Jobcenter hat in den Jahren 2014 und 2015 für Einpersonenhaushalte
bis zu 363 Euro Mietkosten pro Monat übernommen. Das reicht hinten und
vorne nicht, die Grenze ist völlig unrealistisch. Die Differenz müssen die
Leute von ihrem Regelsatz für Lebenshaltungskosten abknapsen, also von den
399 Euro Regelsatz.
Wie wird die Grenze berechnet?
Entweder nach dem Mietenspiegel, aber für Oldenburg gibt es keinen. Oder
nach dem Wohngeldsatz. Der wird aus Angaben zu den Wohngeldanträgen
berechnet. Da erheben die Ämter ja Zahlen über Miet- und Heizkosten. Da
kommen zehn Prozent drauf, und das ist die Mietobergrenze für
Hartz-IV-Empfänger.
Wie kann es sein, dass das Oldenburger Jobcenter bei dieser Rechnung so
daneben lag?
So genau kann man das nicht sagen. Aber ein Punkt ist auf jeden Fall, dass
die Mieten in den letzten Jahren so schnell gestiegen sind, dass eine
Statistik, die vielleicht 2013 erhoben und dann bald ein Jahr lang
ausgewertet wird, per se hinterher hinkt.
In diesem Jahr hat das Jobcenter den Betrag für die Miete angehoben und
zahlt nun 477 Euro. Ist jetzt alles gut?
Für die meisten Leistungsempfänger ist damit die Kuh vom Eis. Aber alles
richtig machen würde die Stadt, wenn sie beim Bezug von ALG II einfach für
die reell anfallenden Wohnkosten aufkommen würde.
Es gibt aber in jeder Stadt eine Obergrenze.
Aber die Situation ist von Stadt zu Stadt verschieden. Oldenburg ist eine
Boomstadt. Man hat hier keine Chance, Wohnraum innerhalb der Mietobergrenze
zu finden. Der Markt ist für Wohnungssuchende mit unteren Einkommen dicht.
Wird denn nicht gebaut?
Es wird gebaut, aber für ein ganz anderes Preissegment. Bei der städtischen
Wohnungsbaugesellschaft GSG stehen 5.000 Leute auf der Warteliste. Von
denen suchen 2.500 Wohnungen bis zu einer Bruttomiete von 500 Euro. Und das
sind ja nicht nur Leistungsempfängerinnen.
Sticht Oldenburg damit heraus oder entspricht das einem bundesweiten Trend?
Die Mietpreisentwicklung ist hier extrem. Aus einer Studie des
Empirica-Instituts, das sich viel mit Mieten beschäftigt, geht hervor, dass
in den hundert einwohnerstärksten Städten Deutschlands im Schnitt zwölf
Prozent der Wohnungen einer Stadt für arme Familien finanzierbar sind. In
Oldenburg sind es nur fünf Prozent, die innerhalb der Mietobergrenze
liegen. Aber 20 bis 25 Prozent der Bewohner sind darauf angewiesen.
Was raten Sie Betroffenen?
Wir würden empfehlen, dass man in jedem Einzelfall mit dem Jobcenter über
die Unterkunftskosten streitet. Wenn man dem Jobcenter nachweisen kann,
dass man keine günstigere Wohnung kriegt, muss es die Unterkunftskosten
übernehmen. Nur: Dieser Nachweis ist mit Anstrengungen verbunden. Man muss
zehn oder 20 Wohnungssuchaktivitäten pro Monat nachweisen, und das über
Jahre. Das ist ein Job für sich.
25 Aug 2016
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
## TAGS
Jobcenter
Hartz IV
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Hartz IV
Debattenreihe Familienangelegenheiten
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