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# taz.de -- Olympianacht in Rio: Eintauchfontänen und Eheringe
> Usain Bolt erfüllt alle Erwartungen, Sophie Scheder überrascht derweil.
> Und ein bisschen Romantik gab es beim Wasserspringen.
Bild: Goldig. Usain Bolts Schuhe
Wettkampf der letzten Nacht: Das Finale der Männer im 100-Meter-Lauf, die
erste Show des jamaikanischen Sprint- und Selbstvermarktungsgenies Usain
Bolt. Endete wie erwartet mit einem Triumph für Bolt, aber die Hauptsache
war natürlich das Drumherum. Schon vor dem Start posierte Bolt ultralässig
für die Kameras und arbeitete damit an seinem Ruf als eine Art Chimäre aus
Zlatan Ibrahimovic und Chuck Norris. Der ausgebuhte Konkurrent Justin
Gatlin ging beim Lauf zwar in Führung, wurde dann aber dramaturgisch
geschickt von Bolt überrollt und stehengelassen wie ein Schuljunge, den man
hat wetzen lassen, bevor der Papa kommt und zeigt, wie man s richtig macht.
Bolt holte sich die dritte Goldmedaille in Folge in der Disziplin; ob seine
Dominanz nur mit der guten jamaikanischen Sonne zu tun hat, bleibt
ungeklärt, war den Zuschauern aber auch latte. Im 400-Meter-Lauf purzelte
derweil mal wieder ein Weltrekord: Der Südafrikaner Wayde van Niekerk
gewann in 43,03 Sekunden.
Athletin der letzten Nacht: Die deutsche Turnerin Sophie Scheder, die sich
völlig überraschend die Bronzemedaille am Stufenbarren holte. Brachte damit
Erfolg für die deutschen Turnerinnen, die damit sonst eher wenig gesegnet
sind. In den meisten Turnwettbewerben kaum im Bild, weil von der
internationalen Regie eh als chancenlos bewertet, und jetzt gleich doppelt
im Fokus: Scheders Kollegin Elisabeth Seitz wurde knapp nur Vierte und um
0,033 Punkte von der eigenen Teamkameradin geschlagen. Heißer Anwärter auf
das Drama der Nacht. Scheder begoss die Medaille hinterher ausgiebig mit
Freudentränen; der DOSB kommentierte per Twitter-Foto mit ganz großem
Wortwitz: „Du turnst uns an“.
Romantische Aktion der letzten Nacht: Ein chinesisch-chinesischer
Heiratsantrag auf dem Siegertreppchen. Wasserspringerin He Zi freute sich
gerade über ihre Silbermedaille, als Landsmann Kai Qin auftauchte, der mit
den männlichen Wasserspringern zuvor Bronze geholt hatte. Zog flugs einen
Ring aus der Tasche und stellte der Kollegin die große Frage. Es gibt
schnödere Momente. He Zi sagte übrigens Ja.
Drama der letzten Nacht: Gab es beim Finale der Frauen im Kunstspringen am
Drei-Meter-Brett zu sehen: Trainer, die nach jedem Sprung grenzenlose
Begeisterung mimten, um die Jury von den Leistungen ihrer Schützlinge zu
überzeugen. Ein misslungener Hopser mit riesiger Eintauchfontäne? Jubel,
geballte Fäuste und donnerndes Klatschen, als wärs der Salto Mortale mit
doppeltem Flick Flack rückwärts. Nur der säuerlich verzogene Mund verwies
auf die wahre Gefühlslage. Nicht nötig hätten das Gehampel die Chinesinnen
gehabt, die so gut waren, dass sie den Sieg schon eine Runde vor Schluss
fast sicher hatten. Der Leistungsunterschied war riesig; die
Eintauchfontäne der Chinesinnen hätte ein Kieselstein nicht unterbieten
können. Drama von der Trainerbank gabs trotzdem.
Schlussfolgerung der letzten Nacht: Der modische Renner dieser Spiele ist
das Olympia-Tattoo. Quer durch die Disziplinen und Nationen leuchtet das
Fünf-Ringe-Symbol auf Athletenhaut. Dezent ist die Devise; ein mutiges
Fünf-Ringe-Arschgeweih gab es bislang noch nicht zu sehen. Ein Ehrenplatz
in Sachen Extravaganz geht derweil an einen der Trainer aus Malaysia mit
goldenem Fünf-Ringe-Proll-Ring, der jedem sizilianischen Mafioso zur Ehre
gereichen würde.
Und sonst? Gab es für Deutschland nicht viel zu holen diese Nacht. Immerhin
auf die Tischtennis-Leute ist Verlass: Nach einem Sieg gegen Österreich
steht das Herrenteam um Timo Boll im Halbfinale. Die Damenmannschaft zog
völlig überraschend ins Finale ein und hat damit ihre erste
Olympia-Medaille überhaupt sicher.
15 Aug 2016
## AUTOREN
Alina Schwermer
## TAGS
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Usain Bolt
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