# taz.de -- Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen: Zoff um Gespräche mit der T… | |
> Österreich sei ein Zentrum des „radikalen Rassismus“, sagt der türkische | |
> Außenminister. Bundeskanzler Kern hatte einen Stopp der | |
> Beitrittsverhandlungen gefordert. | |
Bild: Nationalstolz auf der Galata-Brücke in Istanbul | |
Wien/Ankara rtr/afp | Die türkische Regierung legt im Streit mit Österreich | |
wegen der Forderung von Bundeskanzler Christian Kern nach einem Stopp der | |
EU-Beitrittsverhandlungen nach. Außenminister Mevlüt Cavusoglu nannte die | |
Aussage Kerns am Freitag hässlich und wies sie energisch zurück. Österreich | |
sei das Zentrum des „radikalen Rassismus“, sagte der Minister dem Sender | |
TGRT Haber. | |
Am Donnerstag hatte Europaminister Omer Celik dem sozialdemokratischen | |
österreichischen Regierungschef schon rechtsextreme Wortwahl vorgehalten. | |
„Es ist verstörend, dass seine Kommentare ähnlich wie die der Rechtsaußen | |
klingen“, sagte er in Anspielung auf die Positionen der | |
rechtspopulistischen FPÖ in Österreich. | |
Angesichts des harten Vorgehens der türkischen Regierung nach dem | |
Putschversuch gibt es in Europa Streit über die Fortsetzung der | |
EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land. Der österreichische Bundeskanzler | |
Christian Kern hatte am Donnerstag einen Abbruch der Gespräche gefordert. | |
„Die Beitrittsverhandlungen – so wie sie jetzt laufen – sind eigentlich n… | |
noch eine diplomatische Fiktion.“ EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker | |
lehnte einen Abbruch der Verhandlungen ab. | |
Die EU hatte die Gespräche mit der Regierung in Ankara vor über zehn Jahren | |
begonnen. Allerdings kommen sie kaum voran. Neue Zweifel an einer | |
EU-Mitgliedschaft sind in Europa nach dem gescheiterten Putsch im Juli | |
aufgekommen. Kritiker werfen Präsident Recep Tayyip Erdoğan vor, nicht nur | |
gegen Putschisten, sondern auch andere Regierungskritiker vorzugehen. | |
Zehntausende Soldaten, Polizisten, Staatsanwälte, Beamte und Lehrer sind | |
festgenommen oder suspendiert worden. | |
## Kern: Demokratische Standards der Türkei reichen nicht | |
Kern sagte am Mittwochabend im ORF: „Wir wissen, dass die demokratischen | |
Standards bei weitem nicht ausreichen, um einen Beitritt zu rechtfertigen.“ | |
Gravierend sei auch, dass die türkische Wirtschaft vom europäischen | |
Durchschnitt zu weit weg sei. „Ich sehe einen Beitritt der Türkei auf | |
Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte, für ein Ding der Unmöglichkeit an.“ Er | |
will das Thema auf dem EU-Gipfel am 16. September zur Sprache bringen. | |
Juncker dagegen sagte in einem ARD-Interview, einem Abbruch müssten alle | |
Mitgliedstaaten zustimmen. Diese Bereitschaft gebe es nicht. Der Türkei | |
jetzt in Aussicht zu stellen, dass sie nicht Mitglied werden könne, wäre | |
ein „schwerer außenpolitischer Fehler“. Zugleich äußerte er sich | |
zuversichtlich, dass sich die Türkei an das Flüchtlingsabkommen hält. | |
## Juncker beharrt auf den Bedingungen der EU | |
Die Bundesregierung verwies nur auf frühere Aussagen, wonach die | |
Beitrittsverhandlungen ergebnisoffen geführt werden. Kanzlerin Angela | |
Merkel hatte bei den Verhandlungen über das Flüchtlingsabkommen mit der | |
Türkei eine wichtige Rolle gespielt. Die Vereinbarungen haben dazu | |
beigetragen, dass die Zahl der in Deutschland ankommenden Migranten | |
deutlich zurückgegangen ist. | |
Die Türkei hat damit gedroht, das Abkommen aufzukündigen, wenn der | |
Visazwang für ihre Bürger bei Reisen in die EU nicht wie vereinbart | |
aufgehoben wird. Juncker beharrte nun auf den Bedingungen, die der | |
Nato-Staat zuvor erfüllen muss. Bei Menschenrechtsfragen werde die EU nicht | |
von ihrem Standpunkt abrücken, sagte er. | |
Erdoğan kündigte unterdessen weitere Maßnahmen gegen seinen Erzfeind | |
Fethullah Gülen an. Er werde türkischen Unternehmen alle | |
Geschäftsbeziehungen zu Firmen untersagen lassen, die mit Gülen verbunden | |
seien sowie deren Erlöse einkassieren, sagte er vor Wirtschaftsvertretern | |
in Ankara. Am Donnerstag stellte die türkische Justiz erstmals seit dem | |
Putschversuch einen offiziellen Haftbefehl gegen den in den USA lebenden | |
islamischen Prediger Fethullah Gülen aus. Wie die amtliche | |
Nachrichtenagentur Anadolu berichtete, gab Gülen demnach den Befehl für den | |
Umsturzversuch. Gülen weist diesen Vorwurf entschieden zurück. | |
5 Aug 2016 | |
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