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# taz.de -- Nach Angriff auf Priester in Frankreich: Trauer und Unverständnis
> Nach der Ermordung eines Priesters trauern die Menschen in der Nähe des
> Tatorts. Einer der beiden Angreifer hatte versucht, nach Syrien
> auszureisen.
Bild: Saint-Étienne-du-Rouvray am Dienstagabend
Paris ap | Nach der Ermordung eines Priesters durch mutmaßliche
IS-Extremisten steht Frankreich unter erneutem Schock. Am Dienstagabend
fanden sich in der Nähe des Tatorts im Ort Saint-Étienne-du-Rouvray in der
Normandie viele Trauernde ein, um des Geistlichen zu gedenken und zu dessen
Ehren Blumen und Kerzen niederzulegen. Die Politik warnte nach der Attacke
in einer Kirche vor einer Spaltung der Gesellschaft. Derweil wurden immer
mehr Details zu Hintergründen der Tat bekannt.
Zumindest einer der Attentäter, Adel Kermiche, war als Anhänger der
Terrormiliz „Islamischer Staat“ polizeibekannt und wurde mit einer
Fußfessel überwacht, sagte Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins am
Dienstag in Paris. Demnach versuchte der Angreifer zuvor zweimal, nach
Syrien zu reisen. Einmal sei er in Deutschland gestoppt worden, beim
zweiten Mal in der Türkei.
Kermiche lebte mit seiner Familie in Saint-Étienne-du-Rouvray, wo der
19-Jährige am Dienstagmorgen mit einem Komplizen zur Morgenmesse in die
Kirche gestürmt sein und Priester Jacques Hamel, drei Nonnen und zwei
Kirchgänger als Geiseln genommen haben soll.
Den über 80 Jahre alten Geistlichen hätten die beiden auf die Knie
gezwungen und ihm dann die Kehle durchgeschnitten, teilten Behörden und
Augenzeugin Schwester Danielle mit. Die Nonne sagte, die Angreifer hätten
sich bei der Tat gefilmt und am Altar eine Predigt auf Arabisch gehalten.
Dann habe sie fliehen können.
## Fußfessel war deaktiviert
Staatsanwalt Molins sagte, die Attentäter hätten die anderen Geiseln als
menschliche Schutzschilde genutzt, um ein Eindringen der Polizei zu
verhindern. Ein 86 Jahre alter Kirchgänger sei verletzt worden.
Zum Zeitpunkt der Tat sei Kermiches Fußfessel wie an jedem Morgen
deaktiviert gewesen, sagte Molins. Er und der andere Angreifer, dessen
Identifizierung noch nicht abgeschlossen sei, hätten Sprengstoffattrappen
dabei gehabt und seien mit „Allahu Akbar“-Rufen auf die Polizisten
zugestürmt. Daraufhin seien sie erschossen worden.
Ein 16-Jähriger sei im Zuge der Ermittlungen festgenommen worden, teilte
der Staatsanwalt mit. Bei ihm soll es sich um den jüngeren Bruder eines
Mannes handeln, der 2015 ebenfalls nach Syrien oder den Irak wollte.
Der IS ließ über sein Sprachrohr Amak wissen, dass „zwei Soldaten des
Islamischen Staats“ den Angriff in der Normandie ausgeführt hätten. Sie
seien dem Aufruf gefolgt, Anschläge in Staaten zu verüben, die der
US-geführten Anti-IS-Koalition angehörten.
## Angriff auf Kirche in Paris vereitelt
Staatspräsident François Hollande sprach von einem abscheulichen Angriff,
der zeige, dass sich Frankreich im Krieg mit dem IS befinde. „Dieser Krieg
muss mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln geführt werden.“
Auch der Rest der Welt reagierte mit Abscheu und Entsetzen auf den
Priestermord, der zudem wohl der erste bekannte IS-Angriff auf eine Kirche
in einem westlichen Land gewesen ist. Im vergangenen Jahr war eine Kirche
in Paris ins Visier genommen worden, der Angriff aber fehlgeschlagen. Papst
Franziskus verurteilte die Ermordung Hamels aufs Schärfste.
Der Bürgermeister von Saint-Étienne-du-Rouvray, Hubert Wulfranc, rief die
Anwohner mit Tränen in den Augen zum Zusammenhalt auf. Sie dürften nicht
zulassen, dass die Attacke auf Hamel die verschiedenen Gesellschaftsgruppen
gegeneinander aufwiegele, mahnte er.
Erst am 14. Juli hatte ein mutmaßlicher Extremist einen Lastwagen in eine
feiernde Menge in Nizza gesteuert und dabei 84 Menschen getötet.
Frankreich wurde zudem im vergangenen Jahr von einer Serie anderer
tödlicher Anschläge heimgesucht, zu denen sich teils der IS bekannte.
27 Jul 2016
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