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# taz.de -- Kürzen, wo es schmerzt: Nur Erziehungsberatung light
> Das Angebot für Eltern mit Erziehungsproblemen wurde in vielen Vierteln
> Hamburgs ausgedünnt. Die Stadt kann das auf lange Sicht teuer zu stehen
> kommen.
Bild: Familienberatung kostet Geld. Richtig teuer wird es, wenn sie fehlt
HAMBURG taz | Regionale Versorgungslücken, fehlendes Personal: Unsere
Einrichtungen sind „schlecht aufgestellt“, klagt die
Landesarbeitsgemeinschaft für Erziehungsberatung (LAG), in der alle
Beratungsstellen organisiert sind. In Hamburg gibt es derzeit zwölf von
ihnen in kommunaler Regie, die durch acht weitere in freier Trägerschaft
ergänzt werden. Ihre Hilfe nehmen pro Jahr 7.500 Familien und vor allem
alleinerziehende Eltern in Anspruch.
Finanziert werden die Beratungsstellen größtenteils aus Bezirksmitteln.
Weil die klammen Bezirke aber an allen Ecken und Enden sparen, gebe es
inzwischen große lokale Versorgungslücken, sagt LAG-Vorstand Horst
Immelmann. Und dort, wo es noch Angebote gibt, existiere eine „Tendenz zur
Erziehungsberatung light“ weit unterhalb anerkannter Qualitätsstandards.
Auch würden die Sozialen Dienste dazu übergehen, Eltern mit
Erziehungsproblemen an private Therapeuten zu vermitteln. So würden die
entstehenden Kosten auf das Gesundheitssystem verlagert.
Die LAG kritisiert, die zuständige Sozialbehörde verfüge „über keinerlei
Mittel, die Gestaltung der Erziehungsberatung fachlichen Gesichtspunkten
entsprechend zu steuern“. Eine Mindestanzahl von Beratungsstellen pro
Bezirk und von Fachkräften pro Beratungsstelle sei für sie nicht
durchsetzbar.
Besonders eklatant sieht es laut LAG im Bezirk Mitte aus. Weder in
Billstedt noch in St. Georg oder St. Pauli gibt es eine kommunale
Erziehungsberatung. Nur die Caritas und das Diakonische Werk machen hier
entsprechende Angebote.
Doch die kirchlichen Träger haben keinen niederschwelligen Zugang – ihre
Beratung muss in jedem Einzelfall durch den Allgemeinen Sozialen Dienst
(ASD) bewilligt werden. Genau solche Beratungshürden hatte der Rechnungshof
bereits 2011 kritisiert und schnelle Abhilfe gefordert.
Aus dem Jugendamt Hamburg-Mitte aber verlautet: „Aus unserer Sicht ist die
Versorgung, wenn auch mit Einschränkungen, ausreichend.“ Dabei liegt die
einzige kommunale Erziehungsberatunsstelle des Bezirks auf der anderen
Seite der Elbe – in Wilhelmsburg. Sie aber ist nur für Familien aus
Wilhelmsburg und von der Veddel zuständig, ihr Bestand zudem gefährdet.
Denn zum Jahresende scheiden zwei der drei Mitarbeiter aus Altersgründen
aus.
„Es gibt keine Signale, dass diese Stellen neu besetzt werden“, sagt
Stephan Baerwolff von der LAG. Das Bezirksamt hingegen verspricht, dass die
Beratungsstelle ohne Einschränkungen fortgeführt wird und die „demnächst
vakanten Personalstellen zur Nachbesetzung“ anstünden. Doch obwohl die Zeit
drängt, gibt es bislang keine Ausschreibung.
Trist sieht es auch in Wandsbek aus: Nach Angaben der LAG wurden in
Hamburgs einwohnerstärkstem Bezirk die Mittel für die Erziehungsberatung
seit 2013 von 2.3 Millionen Euro auf 750.000 Euro jährlich reduziert. Der
Standort Bramfeld fiel ganz weg, anderswo wurden die Beratungskapazitäten
stark reduziert.
Dabei zeigen zahlreiche Studien: Rechtzeitige Erziehungsberatung macht
teure Hilfen zur Erziehung später oft überflüssig. Durch einen Ausbau der
Erziehungsberatung könnte Hamburg Millionen sparen.
17 Aug 2016
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Familie
Hamburg
Beratung
Gesundheit
Schwerpunkt Türkei
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