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# taz.de -- Unruhen in Äthiopien: Stilles Land in Aufruhr
> Nach Jahren rasanter Entwicklung regt sich Unmut gegen die autoritäre
> Regierung in Äthiopien. Bei „inoffiziellen Protesten“ gab es viele Tote.
Bild: Demonstration in Addis Abeba am 6. August
Berlin taz | Von „beispiellosen“ Massenprotesten sprechen
Oppositionskreise, die deutsche Gesellschaft für bedrohte Völker geißelt
„exzessive Gewalt“. Seit zehn Tagen weiten sich in Äthiopien Unruhen aus,
deren Niederschlagung mehrere Dutzend Tote gefordert haben soll.
Oppositionsparteien sprachen am Montag von 33 namentlich bekannten
Todesopfern. In sozialen Netzwerken kursieren Fotos, die Massenproteste in
der nördlichen Stadt Gondar und der Hauptstadt Addis Abeba zeigen sollen.
Am Montag sollten die ersten Toten zu Grabe getragen werden, was Anlass für
neue Proteste sein dürfte.
Schon seit zwei Jahren sorgt ein Plan der Regierung, den Verwaltungsbezirk
der Hauptstadt Addis Abeba weit ins Umland auszudehnen, um Platz für die
Entwicklung einer der am schnellsten wachsenden Boomstädte Afrikas zu
machen, für Unmut. Das würde nämlich bedeuten, 150.000 Kleinbauern
umzusiedeln und viel Farmland einzugemeinden, das bisher zur Oromo-Region
Äthiopiens gehört.
Es ist eines von vielen Großprojekten zur Entwicklung Äthiopiens, die meist
über die Köpfe der Betroffenen hinweg durchgezogen werden.
## Oromos fühlen sich ausgegrenzt
Äthiopien ist in ethnisch definierte Provinzen aufgeteilt, und Addis Abeba
liegt im Hochland mitten in der zentralen Region der größten äthiopischen
Volksgruppe der Oromo. Die fühlt sich politisch gegenüber der herrschenden
Elite aus der Nordprovinz Tigray marginalisiert. Legale Politik in
Äthiopien ist nur im Umfeld der „Revolutionären Demokratischen Front der
äthiopischen Völker“ (EPRDF) möglich, deren Kern die Führung der ehemalig…
Guerillabewegung „Tigray-Volksbefreiungsfront“ (TPLF) bildet.
Die TPLF hatte 1991 als Rebellenarmee die vorherige Militärdiktatur
gestürzt und regiert seither mit harter Hand, gekoppelt mit einem hohen
Wirtschaftswachstum, das die Armut in Äthiopien stark reduziert hat.
Aber mit dem EPRDF-Sieg verlor die historisch herrschende Minderheit der
Amharen erstmals die Macht. Amhara- und Oromo-Politiker stehen jetzt an
vorderster Front der Proteste. Nach Recherchen der
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) starben bereits
zwischen November 2015 und Mai 2016 über 400 Menschen, viele davon Kinder,
als die Polizei auf demonstrierende Mengen in Oromo-Städten das Feuer
eröffnete.
Die Ausdehnung Addis Abebas wurde inzwischen offiziell auf Eis gelegt, aber
die Regierung will die damit verbundenen Projekte nun außerhalb der
Stadtgrenzen realisieren, angefangen mit großen Müllkippen.
## „Anti-Terror-Operation“ der Polizei
Die neue Protestwelle nahm ihren Ausgang Mitte Juli in der alten
Amhara-Hauptstadt Gondar im Nordwesten des Landes. Hier entzündete sich die
Unruhe an einem Streit um einen Landstrich zwischen den Amhara- und
Oromo-Regionen.
Eine „Anti-Terror-Operation“ der Polizei in Gondar am 12. Juli richtete
nach Medienberichten erheblichen Schaden in der Stadt an, woraufhin es
ebenfalls Demonstrationen in der Amhara-Regionalhauptstadt Bahir Dar und an
diesem und dem vorigen Wochenende auch in der Hauptstadt Addis Abeba gab.
Augenzeugen berichten von brutalen Polizeieinsätzen.
Das Ausmaß der Gewalt lässt sich auch aus den gelenkten Medien Äthiopiens
erahnen. Die staatliche Nachrichtenagentur ENA meldete, „inoffizielle
Proteste“ seien „unter Kontrolle gebracht“ worden.
Die Zeitung Addis Fortune berichtete aus Gondar: „Abgesehen von den
ausgebrannten Gebäuden, den Glasscherben und der großen Zahl uniformierter
Polizisten ist der Alltag in der Stadt normal.“
9 Aug 2016
## AUTOREN
Dominic Johnson
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