| # taz.de -- Pläne für den Ex-Flughafen Tempelhof: Anleitung zum Abheben | |
| > Aus dem Flughafen wird noch was: Eine Ausstellung zeigt Entwürfe für die | |
| > Aussichtsterrasse. Und das ist nur der Beginn der Umnutzung des | |
| > Terminals. | |
| Bild: So weit der Blick: Das soll die Terasse auf dem Terminal von Tempelhof we… | |
| Neulich war ich mit unserem Berlin-Besuch auf dem Dach des ehemaligen | |
| Flughafen Tempelhof. Dort hinauf geht es über kahle Treppenhäuser, nackten | |
| Beton und in knarzenden Aufzügen. Denn die Nazis hatten den 1935 begonnen | |
| „Weltflughafen“ niemals fertiggestellt. | |
| Meinen Besuch interessierte es wenig, dass die Architektur in großen Teilen | |
| im Rohbau belassen ist. Viel wichtiger war der grandiose Blick vom Dach | |
| über das Flugfeld und auf die Silhouette Berlins. Man atmet viel Himmel und | |
| sieht viel Stadt von hier oben. | |
| Das Dach ist ein Hotspot für Aussichtsüchtige, bis zu 30.000 Menschen | |
| jährlich besuchen bei geführten Touren das coolste Belvedere Berlins. Jetzt | |
| soll es, nach dem Bauwettbewerb „Tower Flughafengebäude Tempelhof“, zur | |
| neuen „Dachterrasse der Stadt“ werden. Ist also wieder alles gut in | |
| Tempelhof nach dem Volksentscheid 2014, der die geplante Bebauung des 380 | |
| Hektar großen Flugfeldes verhinderte und dessen Ergebnis für viel Frust im | |
| Senat sorgte? | |
| Man tastet sich heran, wäre die richtige Aussage. Mit etwas Verspätung | |
| haben der Regierende Bürgermeister Michael Müller und sein Bausenator | |
| Andreas Geisel (beide SPD) erkannt, dass der Flughafen Tempelhof nicht nur | |
| das Symbol einer bitteren politischen Niederlage ist, sondern auch | |
| weiterhin große Chancen für die Stadt bietet. Ab Mittwoch präsentiert die | |
| Bauverwaltung in der Ausstellung „Tower THF“ die Ergebnisse des ersten | |
| Wettbewerbs zur Nachnutzung des Terminalgebäudes, speziell des Towers sowie | |
| des Kopfbaus am westlichen Ende des Riesenflügels. | |
| ## Zu Trinken gibt’s auch was | |
| Den Wettbewerb mit 15 Architekturbüros hatten die Tempelhof Projekt GmbH | |
| und die Senatsverwaltung ausgelobt. Sie wollten „Lösungsvorschläge für die | |
| Gestaltung der Dachterrasse und eines Empfangsbereichs mit | |
| Ausstellungsflächen sowie einem Café im 6. Obergeschoss des Kopfbaus | |
| erhalten“, erklärt Bausenator Geisel. | |
| Der Gewinner des Wettbewerbs – das Schweizer Büro :mlzd aus Biel – plant | |
| keinen Komplettumbau, sondern will einen abgestuften langen Holzsteg auf | |
| das Dach setzen und das 500 Quadratmeter große Ausstellungsgeschoss ganz | |
| roh mit Mauern und der Tragkonstruktion belassen. Damit erweisen die | |
| Architekten dem Denkmal ihre Reverenz. Das macht sich gut: Der Entwurf | |
| respektiert das Bauwerk, öffnet es behutsam für neue moderne Funktionen und | |
| verwandelt das Dach zur schnittigen Aussichtsplattform. | |
| Die Jury bewertete dies als besondere Qualität: Das Projekt überzeuge durch | |
| „die gelungene Verbindung zeitgemäßer Nutzungsangebote mit einem sensiblen | |
| Eingehen auf die sehr heterogene Substanz“ des Bauwerks. Der Umstand, dass | |
| weite Teile des Flughafenkomplexes nie vollendet wurden, konfrontiere jede | |
| neue Nutzung mit ganz unterschiedlichen Ausbaustadien bis hin zum Rohbau. | |
| „Es ist das große Verdienst der prämierten Arbeit, diesen Ansprüchen | |
| gerecht zu werden“, erklärte der Vorsitzende des Preisgerichts, Jörg | |
| Springer. | |
| Auch die beiden Zweitplatzierten, die Architekten Winking/Froh (Berlin) und | |
| das Team Bruno Fioretti Marquez (Berlin), inszenierten den Bestand nicht | |
| und setzen jeweils nur eine schmale Rampe auf das Flachdach. Dass die | |
| Pathosformeln faschistischer Architektur im Innern nicht aufgegriffen | |
| wurden, versteht sich von selbst. Auch die einfachen Linien für die | |
| Dachterrasse haben ihren Sinn, hatte doch NS-Luftwaffenchef Hermann Göring | |
| den Plan, das gesamte Dach mit monumentalen Tribünen für 65.000 Zuschauer | |
| auszustatten, die von dort die NS-Luftfahrtschauen feiern sollten. Die | |
| Sachlichkeit der Entwürfe konterkariert diese megalomane Vorstellung. | |
| Ab 2017 soll das Bauvorhaben für 8,3 Millionen Euro umgesetzt werden, ab | |
| 2019 könnte der Bereich für das Publikum geöffnet werden. Man rechnet mit | |
| 150.000 Besuchern jährlich, so die Bauverwaltung. | |
| ## Noch viel mehr ist geplant | |
| Es hat lange gebraucht, bis der Senat sich entschlossen hat, nach dem | |
| Volksentscheid die Schmollecke zu verlassen und ein klares Konzept für die | |
| Umnutzung des Flughafens anzusteuern. Nach anfänglichen Ideen für eine | |
| Geschichtsmeile in Tempelhof wurde im Juni endgültig entschieden, das 1.230 | |
| Meter lange Gebäude für 28 Millionen Euro peu à peu zum etwas modisch | |
| betitelten „Creative District Berlin“ umzurüsten. Museen, Theatergruppen, | |
| eine Galerie, Künstlerateliers, Gastronomien – vielleicht sogar die | |
| Zentral- und Landesbibliothek – sollen in die Hangars und Hallen einziehen, | |
| wenn die bis 2019 befristeten temporären Flüchtlingsunterkünfte geschlossen | |
| sind. | |
| Dass das überschaubare Projekt „Tower THF“ gefeiert wird als Beginn eines | |
| neuen Tempelhof-Zeitalters, „als Meilenstein hin zur Öffnung des Gebäudes�… | |
| wie Andreas Geisel findet, ist aber überzogen. „Tower THF“ taugt als | |
| Diskursbeschleuniger. Die eigentliche Aufgabe an dem Ort, befand zu recht | |
| einmal Aljoscha Hofmann von der Gruppe „Think Berlin“, besteht darin, die | |
| Stadt und das Feld mittels des Gebäudes miteinander zu vereinen. Dazu | |
| müssen der weite Riegel und die Abflughalle geöffnet und an vielen Stellen | |
| „löchrig“ gemacht werden. Darüber sollte jetzt geredet werden. | |
| 7 Aug 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Rolf Lautenschläger | |
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