| # taz.de -- Tour de France: Sieger gegen fast alle Umstände | |
| > Eindeutiger Sieger der diesjährigen Rundfahrt ist Chris Froome. Nicht | |
| > einmal nicht selbst verschuldete Stürze konnten den Briten aus dem Sattel | |
| > holen. | |
| Bild: Äußere Umstände erschwerten Chris Froome die Frankreich-Rundfahrt | |
| Paris taz | Chris Froome hat eine neue Sportart eingeführt, den | |
| Mehrdisziplinenkampf, bei dem er auch noch siegreich blieb. Er dominierte | |
| so sehr, dass man auf den Champs-Élysées eigentlich zwei Podien aufstellen | |
| müsste: eines in Form einer Triumphsäule. Und irgendwo daneben, in | |
| symbolischer Katzentischposition, zwei Treppchen für den Zweiten und den | |
| Dritten. | |
| Dieses Arrangement würde das dreiwöchige Rennen ziemlich gut widerspiegeln. | |
| Denn seine sogenannten Rivalen attackierten Froome so gut wie nie. Der | |
| Franzose Romain Bardet wurde nach einer mutigen Aktion im Massiv des Mont | |
| Blanc nach vorn gespült. Er blieb aber weiter auf Sicherheitsabstand zu | |
| Froome. Am nächsten Tag, dem letzten in den Alpen, verzichtete der tags | |
| zuvor noch so mutige Bardet auf den Angriff auf die Spitzenposition. | |
| Noch schlimmer fällt das [1][Fazit für Nairo Quintana] aus. Der Kolumbianer | |
| wurde in manchen Voranalysen schon als neuer Toursieger gefeiert. Der Kurs | |
| mit zahlreichen harten Bergetappen und wenig flachen Zeitfahrkilometern | |
| schien wie gemacht für den Kletterer aus den Anden. | |
| Von Angriffen war bis auf zwei kleine harmlose Versuche am Mont Ventoux | |
| sowie eine Mitfahraktion am Le Bettex aber nichts zu sehen. „Mir geht es | |
| nicht gut. Ich habe keine Schmerzen, aber ich fühle mich unheimlich müde. | |
| Meine Beine reagieren nicht. Aber ich weiß auch nicht, was es ist“, so der | |
| Kolumbianer, der nach eigenen Angaben auch kurz davor war aufzugeben. Aber | |
| weil die anderen noch schlechter waren, reichte eine unterdurchschnittliche | |
| Performance zum Platz auf dem Podium. Das sagt viel aus über das sportliche | |
| Niveau dieser 103. Tour de France. | |
| Dass das Rennen trotzdem kein langweiliges Unterfangen wurde, lag an den | |
| Umständen. Die forderten Froome zu echten Heldentaten heraus. Umstand Nr. 1 | |
| war seine Angst vor Konkurrenz. Ja, die hatte er wirklich. „Das wird die | |
| härteste Tour meines Lebens“, hatte er vorab prognostiziert. So klaubte er | |
| Sekündchen hier, Sekündchen da zusammen. In der Abfahrt etwa, und auch bei | |
| Seitenwind. | |
| ## Auch am Berg war Froome der Beste | |
| Diese neue Vielseitigkeit trug ihm viel Lob ein. Manchen verführte das aber | |
| auch zu der Hoffnung, dass Froomes Selbstbewusstsein an den Anstiegen nicht | |
| so ausgeprägt war wie sonst. Und dass er deshalb Zeitpolster anlegte. | |
| Der Rennverlauf zeigte: Das alles war gar nicht nötig. Auch am Berg war er | |
| der Stärkste. In Schwierigkeiten brachten ihn allenfalls äußere Umstände: | |
| Der Sturz am Mont Ventoux aufgrund der Menschenmenge und des kreuzenden | |
| Motorrads. Dann das Ausrutschen auf der glitschigen Abfahrt auf den Flanken | |
| des Mont Blanc. Doch beides meisterte er. Auf dem Mont Ventoux half ihm die | |
| Jury, die ihm anderthalb Minuten Rückstand schenkte, weil der Sturz eben | |
| von außen ausgelöst wurde. Am Mont Blanc zog ihn sein Teamgefährte Wout | |
| Poels hoch. | |
| Die Jury-Entscheidung am Ventoux hätte er auch nicht gebraucht. Sein | |
| Vorsprung am Ende war fast drei Mal so groß wie die ihm dort geschenkte | |
| Zeit. Er hätte als mythischer Rennfahrer in die Geschichte des Radsports | |
| eingehen können. Als einer, der nicht nur den Elementen wie dem Regen | |
| trotzt, sondern dem auch fremdverschuldete Stürze nichts anhaben können. | |
| In der Nacht nach der letzten Alpenetappe zeigte das französische Fernsehen | |
| eine Dokumentation der Tour 1975. Die gewann der Franzose Bernard Thevenet | |
| – und das nur, weil in den Bergen der Faustschlag eines Zuschauers auf die | |
| Leber des Rivalen Eddy Merckx den Belgier entscheidend geschwächt hatte. | |
| Merckx bekam damals keine Zeit geschenkt. Froome hat [2][wegen einer | |
| Sky-hörigen UCI-Jury] die Chance verpasst, in Sachen Heldenstatus sogar | |
| Merckx zu übertreffen – seine einzige Niederlage bei dieser Tour. | |
| 24 Jul 2016 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tom Mustroph | |
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