# taz.de -- Gewalt im Südsudan: Massenflucht aus dem Krieg | |
> Tausende Menschen verlassen den Südsudan. Sie versuchen, über die Grenze | |
> ins Nachbarland Uganda zu kommen. | |
Bild: Nichts wie weg: Flucht aus dem Südsudan | |
BERLIN taz | Wieder fliehen tausende Südsudanesen ins Nachbarland Uganda. | |
Laut Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR passierten allein am | |
Dienstag über 7.000 Menschen die Grenze – die überwiegende Mehrheit Kinder | |
und Frauen. Am Vortag waren es über 3.000 gewesen. | |
Mehr als 15.000 sind damit seit dem jüngsten Ausbruch der Gewalt in der | |
südsudanesischen Hauptstadt Juba vor zwei Wochen nach Uganda gekommen. Die | |
meisten zelten entlang der Grenze im kargen und heißen Norden Ugandas. Sie | |
werden von UN-Hilfswerken versorgt. | |
Doch nicht alle haben es über den Schlagbaum geschafft. Die Regierung des | |
Südsudan hat jetzt offiziell die Grenze geschlossen, um den Exodus zu | |
stoppen. Tausende Flüchtlinge harren jetzt unter freiem Himmel am | |
Grenzposten Nimule aus. Es ist eine elende Situation. Mitten im | |
Niemandsland gibt es keine Wasserquellen, keine Unterkünfte. | |
Ein südsudanesischer Grenzbeamter erklärte in einem Radiointerview, er habe | |
keine Anweisungen aus Juba, die Menschen ziehen zu lassen. Aber er | |
erkannte: „Nimule ist komplett überfüllt – einige schlafen auf dem | |
Parkplatz oder unter freiem Himmel“. | |
Die neuen Kämpfe in der Hauptstadt waren just in der Nacht zum | |
Unabhängigkeitstag am 9.Juli ausgebrochen. Die Truppen der beiden | |
Streithähne, Präsident Salva Kiir und Vizepräsident Riek Machar, beschossen | |
sich gegenseitig. Über 300 Menschen starben laut UN-Angaben, über 35.000 | |
Menschen suchten in UN-Lagern in und rund um Juba Schutz. | |
## 38.000 Zivilisten aus Juba gerettet | |
Kiir gilt als Ziehsohn von Ugandas Präsident Yoweri Museveni, seit | |
mittlerweile 30 Jahren an der Macht. So kamen dessen Spezialeinheiten dem | |
südsudanesischen Präsidenten direkt zur Hilfe. Rund 30 ugandische | |
Armeelastwagen, eskortiert von gepanzerten Fahrzeugen mit gewaltigen | |
Maschinengewehren, überquerten gleich am Morgen nach Ausbruch der Kämpfe | |
den Grenzpfosten Nimule und rückten die 200 Kilometer nach Juba vor. | |
Offiziell war es eine Rettungsmission zur Evakuierung gefährdeter | |
Zivilisten. Ugandas Armeesprecher Paddy Ankunda berichtete, Ugandas | |
Soldaten hätten 38.000 Zivilisten aus Juba gerettet, die meisten Ugander, | |
„aber auch hunderte Kenianer und Ruander“. | |
Aber die ugandische Truppenentsendung könnte noch einen anderen Hintergrund | |
haben. Ugandische Truppen griffen bereits im Dezember 2013, als der | |
bewaffnete Konflikt zwischen Kiir und Machar erstmals offen ausgebrochen | |
war, auf Bitten Kiirs im Südsudan ein. Erst kurz vor den Wahlen in Uganda | |
im Februar dieses Jahres holte Museveni sie nach Hause. | |
## Proteste gegen Stationierung ausländischer Truppen | |
Vergangenes Wochenende beschloss die Afrikanische Union (AU), die seit | |
Kriegsausbruch im Südsudan vermittelt, auf ihrem Gipfel in Ruanda, | |
afrikanische Friedenstruppen nach Juba zu schicken und die 12.000 im | |
Südsudan stationierten UN-Blauhelme unterstützen. Die AU will Soldaten aus | |
Ruanda, Äthiopien, Kenia und eben Uganda mit einem robusten Mandat | |
entsenden. Doch Präsident Kiir blockt ab. Am Donnerstag demonstrierten | |
Kiir-Anhänger in Juba gegen die Stationierung ausländischer Truppen. | |
Der südsudanesische Präsident würde sich lieber ganz auf die Truppen | |
Musevenis verlassen. Der ugandische Präsident sprach sich auch gegen einen | |
UN-Vorschlag aus, gegen den Südsudan ein Waffenembargo zu verhängen. „Wenn | |
man ein Embargo aufsetzt, dann zerstört man die lokalen Streitkräfte, | |
welche man benötigt, um eine starke integrierte Armee aufzubauen“, heißt es | |
in einer Erklärung Musevenis. | |
Ob er seine eigenen Spezialeinheiten nach Juba zurückschickt, um Kiirs | |
Armee zu stärken – darüber schweigt Ugandas Präsident. Klar ist: Ugandas | |
Armee liefert ihren befreundeten Einheiten unter Kiirs Befehl nicht nur | |
Waffen und Munition, sondern auch Lebensmittel und Uniformen. | |
Für Uganda ist der Südsudan nicht nur militärisch, sondern auch ökonomisch | |
von strategischer Bedeutung. Es ist der Hauptexportmarkt ugandischer | |
Lebensmittel: Jedes Ei, jede Tomate, die in Juba konsumiert wird, stammt | |
aus dem fruchtbaren Nachbarland. | |
22 Jul 2016 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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