| # taz.de -- EMtaz: Finale, Portugal – Frankreich: Velazquez pour toujours | |
| > Portugal ist Europameister und beendet eine Negativserie in einem Turnier | |
| > voller beendeter Negativserien. Der Rest ist wie gemalt. | |
| Bild: Portugal feiert und ist Europameister | |
| Die Startbedingungen: Die Franzosen haben sich ins Finale gepumpt. Ihre | |
| überragende Physis und ihre muränenhafte Fähigkeit, in entscheidenden | |
| Momenten zuzuschnappen, haben dafür gesorgt, dass sie ihre Gegner häufig | |
| eher gebrochen haben als besiegt. | |
| Die Portugiesen hingegen waren schlau genug, nicht schöner zu spielen als | |
| notwendig. Hier und da fiel ihnen ein Pass ein, für den ManCity Millionen | |
| bezahlen würde. Das hat in engen Spielen gereicht. Wie ein ausgezeichneter | |
| Schüler haben sie nicht mehr als notwendig getan; dass sie nun im Finale | |
| stehen, ist ein gelungener Kommentar auf die fortwährende Überspielung. | |
| Es ist am Ende das Duell der willensstärksten Mannschaft gegen die | |
| berechnenste dieser Euro, Essenz gegen Effizienz. Es ist ein würdiges | |
| Finale für diese EM. Es war kein sehr schönes Turnier, aber ein spannendes, | |
| eines mit unerwartetem Verlauf. | |
| Das Vorurteil: Dieses Spiel wird wie Steinekloppen in den Minen von Moria; | |
| es wird sehr viel Arbeit brauchen für ein bisschen Gold. Ein Spiegelbild | |
| der Vorrunde, eine gelungene Klammer. | |
| Das Spiel: Es gibt dieses bescheuerte Lied von André Heller, über | |
| Liliputaner, da heißt es: „Und du kommst so über mich“. Das hat die | |
| portugiesische Defensive die ersten Minuten den Franzosen vorgesungen. Dann | |
| kam die Verletzung von Cristiano Ronaldo, da sangen sie dann kurz was von | |
| Kate Bush, und dann sangen sie wieder André Heller. Die Franzosen machten | |
| zwar in der Offensive nicht den Eindruck, als hätten sie einen Plan, aber | |
| sie hatten Sissoko, der Cézanne der ersten Halbzeit: eigentlich müsste es | |
| anders aussehen, aber wie er es macht, sieht es doch noch viel besser aus. | |
| In Halbzeit zwei begannen die Portugiesen das zu machen, was sie in diesem | |
| Turnier ausgezeichnet hat: was an Initiative von außen kommt wie ein | |
| ARGE-Mitarbeiter verwalten; Position halten, wenn's eng wird, einen | |
| hochschalten. Rui Patricio pflanzte sich einen Fikus in seinen 16er. Und | |
| kurz vor Ende der regulären Spielzeit begann Portugal dann, Zeug zu machen. | |
| Nach vorne. Frankreich hatte vollständig seine Unordnung verloren, man | |
| glaubte sich in einem schweizer Tatort. Gignac traf den Pfosten, dann traf | |
| Raphael irgendwann später die Latte. Und, als nichts mehr ging, Éder das | |
| Tor. Das hatte keinen Sinn, aber Fußball ist halt doch Kunst. Ein Sinn | |
| erschließt sich erst hinterher, [1][tu verras tu verras.] | |
| Das Ergebnis: Frankreich 0, Portugal 1. | |
| Der entscheidende Moment: Oh Gott, nein, es war nicht die Verletzung von C. | |
| Ronaldo. Oh nein, C. Ronaldo war bisher nie das entscheidende Element im | |
| portugisieschem Spiel. Ihr müsst aufhören, an dieses Stargehabe zu glauben. | |
| Eine Motte ist ein Schmetterling, sie lebt zwischen zwei und vier Wochen. | |
| Keine Motte hat ihren Moment bisher besser genutzt. Man muss den | |
| Mannschaften dafür dankbar sein, einem barocken Vergänglichkeitssymbol eine | |
| derartige Bedeutung beizumessen. Das war Kunst. Langweilige zwar, aber | |
| immerhin. Es war ihr Auftritt. Sie hat ihr Dasein mit Bedeutung aufgeladen. | |
| Wie von Velazquez gemalt. Und wohl am Ende: Der kotzende Pepe. Kann man | |
| verstehen. | |
| Der Spieler des Spiels: Manuel Neuer. Oder Buffon. Vielleicht Barthez. Den | |
| muss man halten, wenn man Europameister werden will: einen Schuss aus 20 | |
| Metern, frei wie Wilhelm Tell. Es gilt die eherene Regel: Tottenham-Spieler | |
| gewinnen nichts. | |
| Die Pfeife des Spiels: Joseph Monier gilt als Erfinder des Eisenbetons. | |
| Nach diesem Spiel wünscht man sich, er wäre nie geboren worden. | |
| (Und auch, wenn das nicht zuviel der Anmaßung ist: ich. Das ganze Turnier | |
| habe ich damit verbracht, auf Olivier Giroud zu schimpfen, weil ich nicht | |
| verstanden habe, dass er ein Oliver Kahn im Sturm ist: je mehr Druck, desto | |
| funktionstüchtiger wird er. Ein Mentalitätsmonster. Je m'incline.) | |
| Das Urteil: Es war tatsächlich ein Spiel wie Steinekloppen in Moria. Éder | |
| trifft, weil man ihn lässt. Man klopft und klopft, und ein Edelstein fällt | |
| raus. Edel-Éder. Schön, weil eigen; im Grunde ein Sieg ohne Ronaldo. Daraus | |
| eine Moral zu drechseln, hat dieses Spiel nicht recht verdient. | |
| 10 Jul 2016 | |
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| [1] https://www.youtube.com/watch?v=Z11SyE9cvdU | |
| ## AUTOREN | |
| Frederic Valin | |
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