Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Danke, es eilt überhaupt nicht
> Eilmeldungen, überall Eilmeldungen. Wozu braucht es die eigentlich? Es
> gibt doch viel bessere und bewährtere Nachrichtenquellen im Biergarten.
Bild: Die Rollatorschieber im Ruhrgebiet können bald richtig auf die Tube drü…
Heute werde ich einmal scharfe, fundierte Kritik an den Medien üben. Ich
will gar nicht wieder auf der Sache mit China und dem Sack Reis
herumhacken. Aber: Den Sinn sogenannter Eilmeldungen im Fernsehen oder im
Internet müsste mir bei Gelegenheit bitte doch noch mal jemand erklären.
Solche Eilmeldungen haben mich – unter anderem – über den Tod Richard von
Weizsäckers und Bud Spencers informiert.
Es gibt auf dieser Welt sicher weniger Wichtiges. Aber warum eilt das denn
so? Bud Spencer und sogar Herr von Weizsäcker sind immer noch tot – und
das, obwohl dem früheren Bundespräsidenten derart gehuldigt wurde, dass ich
mir zumindest in seinem Fall eine Wiederauferstehung hätte vorstellen
können. Es kann allerdings sein, dass er es auch nicht so hat mit dem
Beeilen und sich deshalb ein bisschen Zeit lässt. Er war ja eher von der
bedächtigen Sorte oder ist es vielleicht immer noch.
Schlimm, dass es neben ehrenwerten Ex-Staatsoberhäuptern und imposanten
Schauspielern auch ausgesprochen dubiose Hallodris in die Eilmeldungen
schaffen. Zum Beispiel Boris Johnson – „wird britischer Außenminister“,
tickerte es neulich über meinen Bildschirm. Na und? Soll er doch. Wir
werden wohl noch Jahre Zeit haben, uns mit dem Mann zu befassen.
Viel wichtiger und dringlicher zu klären wäre die Frage: Ist künftig –
trotz Brexit – noch mit den Gastgeschenken meiner Tante Carla zu rechnen?
Die ist vor Jahrzehnten nach London ausgewandert und hatte bei späteren
Besuchen in Deutschland immer schon reichlich Scherereien. Sie streitet
halt gern, auch mit Zöllnern. Ihr Gepäck besteht traditionell zu zwei
Dritteln aus Spirituosen, die unsere beschauliche Stadt regelrecht fluten.
Die Nachricht von Carlas Ankunft verbreitet sich entsprechend flott.
Auffällig ist, dass der Nachrichtenfluss in unserer kleinen Stadt im Sommer
besser klappt als im Winter. Der Grund ist, vermute ich, die hohe
Frequentierung der Biergärten während der warmen Jahreszeit. Als
ausgesprochen flotte Quelle für Neuigkeiten erweist sich dieser Tage wieder
der Biergarten am Markt. Wer wissen will, was in unserem Städtchen los ist,
wendet sich an Heinrich. Der Pensionär bezieht werktäglich Posten an seinem
Stammplatz unter der Markise hinten rechts, vom Brunnen aus gesehen.
Es gibt Gerüchte, dass zwischen Heinrich und dem Wirt ein regelrechter
Arbeitsvertrag besteht – dafür sprechen Heinrichs absolut regelmäßige An-
und Abwesenheitszeiten; Ausnahmen an Wochenenden der Bundesligasaison sind
vorbehalten. Wenn er später kommt als üblich, ruft er an. Dass der Beginn
seiner Blütezeit als lokaler Nachrichtenlieferant mit der Schließung einer
örtlichen Zeitungsredaktion aus Gründen der Wirtschaftlichkeit zusammenfiel
– ein Narr, wer da an einen Zufall glaubt.
Denken, wenn andere glauben – das kennzeichnet einen weisen Menschen. Das
hat Richard von Weizsäcker gesagt. Ich denke, ich gehe dann mal zum Markt.
19 Jul 2016
## AUTOREN
Andreas Milk
## TAGS
Medien
Nachbarn
Wahlkampf
Wissen
Schnee
Ruhrgebiet
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Mysteriöse Mustermanns
Man grüßt sich, man redet miteinander, seit Jahren kennt man die Nachbarn
von Gegenüber, nur ihre Namen nicht …
Die Wahrheit: Politbesuch im Bananenkreis
Es ist Wahlkampf, und das Berliner Spitzenpersonal reist auf Stimmenfang
ins Hinterland – zum Beispiel an den Rand des Ruhrgebiets.
Die Wahrheit: Immer diese Wissenslücken
Es gibt da einige Unzulänglichkeiten, die einen das Leben lang begleiten.
Und ausgerechnet der Telekom-Mitarbeiter muss einen mal wieder darauf
stoßen.
Die Wahrheit: Schnee, der auf Haufen fällt
Das winterliche Schneeschippen ist eine Bewährungsprobe für jede
Hausgemeinschaft – besonders wenn der Vermieter die Regie übernimmt.
Die Wahrheit: Graue Engel im Eileinsatz
Verkehr der Zukunft: Im Ruhrgebiet gibt es bald wegen der wachsenden Zahl
der Alten den ersten Rollatorschnellweg der Welt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.