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# taz.de -- Amnestiegesetz in El Salvador: Ende der Straflosigkeit
> Seit 1993 schützte eine Amnestie Kriegsverbrecher des Bürgerkrieges. Das
> ist jetzt vorbei. Doch es gibt Kritik an der Entscheidung.
Bild: Angehörige der Opfer des Massakers von El Mozote – hier bei einer Gede…
Berlin taz | 23 Jahre lang waren die Kriegsverbrecher des Bürgerkriegs in
El Salvador (1980 bis 1992) vor Strafverfolgung geschützt. Jetzt ist
Schluss damit. Am Mittwoch urteilte der oberste Gerichtshof in der
Hauptstadt San Salvador, die Generalamnestie von 1993 sei
verfassungswidrig. Sie verstoße gegen mehrere Verfassungsartikel und gegen
internationales Recht. „Eine Amnestie widerspricht dem Recht auf Zugang zu
Gerechtigkeit, dem Schutz fundamentaler Rechte und dem Recht auf umfassende
Entschädigung der Opfer von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und
Kriegsverbrechen“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.
Das Gericht stellte klar, dass nicht nur die materiellen Täter von
Kriegsverbrechen belangt werden können, sondern auch „die höchsten
Befehlshaber der militärischen und paramilitärischen Strukturen und der
Guerilla“. Das Verfahren war vor drei Jahren vom Menschenrechtsinstitut der
Zentralamerikanischen Universität von San Salvador (UCA) und zwei
juristischen Forschungszentren angestrengt worden.
Kriegsverbrechen wie das Massaker in dem Dorf El Mozote, bei dem die Armee
Ende 1981 rund tausend Zivilisten ermordete, können jetzt genauso von der
Staatsanwaltschaft verfolgt werden wie das Massaker einer Eliteeinheit der
Armee an der Führungsriege der UCA im November 1989 oder interne
Säuberungen in den Reihen der FMLN-Guerilla, bei denen Mitte der 1980er
Jahre in der Provinz San Vicente mehrere Hundert Menschen ermordet wurden.
Der Bericht einer von der UNO eingesetzten Wahrheitskommission listet über
22.000 Kriegsverbrechen auf. 95 Prozent davon werden der Armee, anderen
staatlichen Sicherheitskräften und den von ihnen kontrollierten
Todesschwadronen angelastet, 5 Prozent der FMLN. Fünf Tage nach der
Veröffentlichung hat das damals von rechten Parteien dominierte Parlament
am 20. März 1993 die Generalamnestie verabschiedet.
Ähnlich wie in Guatemala, wo seit fünf Jahren die höchsten Kriegsverbrecher
des dortigen Bürgerkriegs (1960 bis 1996) vor Gericht gestellt werden, ist
auch dieses Urteil Ergebnis eines langsamen Wandels der juristischen
Kultur. Lange waren die obersten Richter willfährige Handlanger rechter
Regierungen. Seit 2009 aber stellt die FMLN den Präsidenten, die Besetzung
der obersten Gerichte muss im Parlament ausgehandelt werden. Auf diese Art
kamen Kammern zustande, deren Mitglieder gewillt sind, ihren Beruf auch
wirklich auszuüben.
Verteidigungsminister General David Munguía Payés nannte das Urteil einen
„politischen Fehler“ und befürchtet „den Beginn einer Hexenjagd“. Vert…
der FMLN und der rechten Oppositionspartei Arena enthielten sich eines
Kommentars. Sie wollen das Urteil erst einmal studieren.
14 Jul 2016
## AUTOREN
Toni Keppeler
## TAGS
El Salvador
Bürgerkrieg
Kriegsverbrechen
Urteil
El Salvador
El Salvador
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
El Salvador
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