# taz.de -- EMtaz: Islands Sensation mit Ansage: Here come the -sons | |
> Island zerlegt Englands Titelträume mit Teilzeit-Tiki-Taka und einem | |
> weiten Einwurf. England war einfach schlecht vorbereitet. Island nicht. | |
Bild: Uh! I did it again! Spieler und Fans üben sich in isländischem Stammesv… | |
England ist selbst schuld. Die Niederlage gegen Island bleibt zwar die | |
„demütigendste“ der englischen Fußballgeschichte in 959 Länderspielen, w… | |
die Times schrieb, „gegen ein Land von 330.000 Einwohnern, trainiert von | |
einem Zahnarzt.“ Verdient war sie trotzdem. | |
Hauptursache für diese Niederlage war allerdings nicht, dass England so | |
schwach war. Der Hauptgrund war, dass Island so gut war. Nur hat das leider | |
niemand England gesagt. Kein rumpeliger Außenseiter-Fußball bescherte | |
Island den 2:1-Sieg gegen die Briten, sondern ein gutes Konzept, gepaart | |
mit dem leidenschaftlichen Willen der Fußballnation der Stunde. Es ist eine | |
Sensation mit Ansage. | |
Ein gutes Beispiel hierfür ist der Ausgleich in der sechsten Minute. Der | |
fiel in Folge eines langes Einwurfes. Eine taktisch absolut unterbewertete | |
Standardsituation, wie die Isländer die Fußballwelt belehrten. Das Prinzip | |
ist so einfach wie erfolgreich: Aron Einar Gunnarsson schmeißt einen | |
kopfgenauen Einwurf an die Strafraumgrenze, wo der | |
Innenverteidiger-Wandschrank Kari Arnason den Ball auf einen Stürmer | |
verlängert, der einen Cut in die Defensive läuft. Fertig ist die Torchance. | |
Gegen die überrumpelte englische Abwehr musste der einlaufende Ragnar | |
Sigurdsson nur noch den Fuß hinhalten. | |
Dass Standardsituationen ein gutes Mittel von Außenseitern sind, ist nun | |
keine große Neuigkeit. Nur blöd, dass Englands Trainer Roy Hodgson sich zur | |
Vorbereitung aufs Achtelfinale nicht die Partie von Island gegen Österreich | |
anschaute, sondern Portugal gegen Ungarn. Er vermutete leider in der | |
falschen Partie den nächsten englischen Gegner. | |
Sonst hätte der inzwischen zurückgetretene Hodgson eventuell gewusst, dass | |
schon gegen Österreich die exakte Blaupause dieses Einwurfs zum | |
1:0-Führungstor der Isländer geführt hat. Auch dort lautete die | |
Kombination: Gunnarsson, Arnason plus x. Gegen Österreich traf Jon Dadi | |
Bödvarsson, gegen England hieß der Torschütze Sigurdsson. | |
## Kluger Kombinationsfußball | |
Es ist ein Puzzleteil des isländischen Gesamtkonzepts und wer sich mit | |
seinem Achtelfinalgegner vorher beschäftigt, hätte nicht den 1,78-Terrier | |
Wayne Rooney ins Kopfballduell gegen die 1,90-Kante Arnason geschickt. | |
Andere wichtige Teile der isländischen Strategie sind der unbändige Wille | |
in Kombination mit aufopferungsvoller Laufbereitschaft, getragen von den | |
Anfeuerungsrufen des isländischen Anhangs, die selbst englische Fans bei | |
weitem übertönten. Und, ganz wichtig, kluger Kombinationsfußball. | |
Den konnte man bei Islands zweitem Tor beobachten. Das war perfekt | |
herausgespielt: Gudmundsson passte auf Sigurdsson, der spielte direkt auf | |
Bödvarsson, der wiederum legte auf Sigthorsson quer, Schuss, Tor. Die | |
aufgezählten Stationen waren nur die letzten vier von insgesamt | |
handverlesenen zehn. Es war die erste längere Passkombination Islands. | |
Quasi Teilzeit-Tiki-Taka mit Überraschungsmoment. | |
Genau das unterscheidet Island als Underdog vom Hasenhüttelschen | |
Außenseiter Ingolstädter Prägung. Island will nicht das Spiel zerstören, | |
sondern aus einer guten Defensive selbst im richtigen Moment den Gegner mit | |
schnellen Kombinationen überrumpeln. | |
Das klappte übrigens nicht nur beim Siegtor, sondern auch später noch das | |
ein- oder andere Mal. Etwa in der 78. Minute, als der Ball bei den | |
Isländern in 35 Sekunden über zwölf Stationen läuft und nach einem | |
exzellenten Flankenwechsel bei Birkir Mar Saevarsson landet, der beinahe | |
das 3:1 macht. Erneut eine Kombination zum Niederknien. Genau das ist das | |
Konzept Islands und der Grund für den Sieg gegen England. Aber bitte nicht | |
Frankreich verraten. | |
28 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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