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# taz.de -- EMtaz: Kolumne Überschätzt: Schachbrett vorm Kopf
> Kroatiens EM-Aus wirft Fragen auf. Das fängt bei Trainer Čačić an, der
> keine Fehler eingestehen will. Wenigstens wird der mafiöse Verband
> herausgefordert.
Bild: Manđukić & Co. sind irgendwie ins Schwimmen geraten – und untergegang…
Ein Schachbrett im Viertelfinale hätte der EM gut getan. Kompakt schöner
Fußball, gepaart mit schrecklichen Schachbretttrikots, schrecklichen
Schachbrettfrisuren und schrecklichen Schachbrettfans: immer eine gute
Geschichte. Was für die EM blöd ist, könnte aber für die Zukunft des
kroatischen Verbands super sein.
Könnte! Könnte, würden die kroatischen Patrioten ihren Patriotismus
tatsächlich mal so ernst nehmen, wie es die Hooligans auf hässliche Weise
getan haben. So oft und penetrant wie die megapatriotischen Funktionäre des
kroatischen Fußballverbands nämlich den Patriotismus beschwören, so wenig
ordnen sie ihr Handeln der Maxime unter, alles so zu tun, dass es dem
Fußball dient. Ihr Patriotismus reicht viel mehr nur so weit, wie er ihnen
persönlich nützt.
Dass die Kroaten ausgeschieden sind, daran ist zwar auch Portugal schuld.
Vor allem aber sind es die Kroaten selbst. In erster Linie ihr Trainer Ante
Čačić und die Verbandsfunktionäre, die ihn auf diesen Posten gesetzt haben.
Das von Geheimfavoritenexperten als Titelanwärter gehandelte Team um Luka
Modrić hätte spielerisch das Potenzial gehabt, die goldene
Schachbrettgeneration um Davor Šuker (1998 WM-Dritter in Frankreich) zu
beerben. Statt aber sein Potenzial auszunutzen, lehnte Čačić während des
Achtelfinals lässig am Trainerhäuschen und schrieb ständig irgendwas auf
einen Zettel. Aber was?
## Was hatte er sich dabei gedacht?
Hatte er vergessen, wen er auf der Bank sitzen hat? Hatte er vergessen,
dass man auch auswechseln kann, ohne dass ein Spieler sich verletzt hat?
Versuchte er sich daran zu erinnern, was ihm die Funktionäre und heimlichen
Herren des kroatischen Fußballs, Davor Šuker und Zdravko Mamić zugeflüstert
hatten? Oder schrieb er schon an seinen Memoiren: „Die Mafia, die
Marionetten, Mamić und ich“?
Nach dem Auftritt gegen Spanien war eigentlich klar, dass die Kroaten auf
Mario Manđukić locker verzichten können, ja sogar müssen. Der Stürmer hatte
während der gesamten Vorrunde versagt, war planlos durch die Gegend
gerannt, unfit, einfallslos, überflüssig. Warum hatte Čačić ihn dennoch bis
zur 88. Minute spielen lassen? Warum ließ er den neuen Shootingstar Marko
Pjaca bis zur 110. Minute auf der Bank sitzen und wechselte den anderen
Jungstar, Nikola Kalinić, erst in der 88. ein?
Was hatte er sich dabei gedacht? Nichts wahrscheinlich. Was soll auch
jemand denken, der bisher nie mit sportlicher Analyse, sondern immer nur
mit Mimimi, Fanbeschimpfung und patriotischen Tugendbeschwörungen
aufgefallen war? Nicht mal auf der Pressekonferenz in Zagreb am Montag
konnte Čačić einen Fehler bei sich finden.
Das EM-Aus hat immerhin dazu geführt, dass die Debatte um den mafiösen
kroatischen Fußballverband, die die Hooligans mit ihren Böllern und Raketen
angefangen hatten, jetzt von zivilen Sportjournalisten fortgeschrieben
wird. Wenn die Kroaten endlich ihr Schachbrett vorm Kopf abmontieren, wäre
das immerhin auch so etwas wie ein EM-Gewinn.
27 Jun 2016
## AUTOREN
Doris Akrap
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