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# taz.de -- Machenschaften im kroatischen Fußball: Der Strizzi auf der Anklage…
> Er bereicherte sich wohl massiv an Spielern, denen er wie ein Putzerfisch
> am Leib klebte. Zdravko Mamic und seine Helfer stehen nun vor Gericht.
Bild: Zdravko Mamic im Gespräch mit der Journalistin Mila Horvat
Nach dem bitteren 2:3 gegen den FC Barcelona hatte Luka Modric vergangenen
Sonntag im Estadio Bernabeu einen angenehmeren Termin. Der Mittelfeldstar
von Real Madrid traf die Hollywood-Schauspielerin Julia Roberts, auch in
den Zeitungen seiner Heimat Kroatien waren Bilder von Modric mit der
Oscar-Gewinnerin zu sehen. Modric ist ein Weltstar des Fußballs, aber
möglicherweise steht ihm bald ein ziemlich unangenehmer Termin bevor: An
diesem Donnerstag beginnt nach langer Anlaufzeit im ostkroatischen Osijek
ein aufsehenerregender Prozess. Es geht um Bestechung und
Steuerhinterziehung beim kroatischen Serienmeister Dinamo Zagreb.
Alleine in der Zeit von 2008 bis 2012 sollen der damalige Chef von Dinamo,
Zdravko Mamic, und sein Bruder Zoran mithilfe eines Steuerbeamten und eines
Funktionärs des kroatischen Fußballverbandes nach Schätzungen der
Ermittlungsbehörden den Staat um rund 15,5 Millionen Euro geprellt und bei
Transfers von Dinamo-Talenten Geld in die eigene Tasche umgeleitet haben.
Beim Wechsel von Modric von Dinamo zu Tottenham Hotspur (Transfersumme: 25
Millionen Euro) soll der Mamic-Clan vor neun Jahren 6,5 Millionen Euro
umgeleitet haben.
Modric könnte nun als Zeuge zum Prozess nach Osijek geladen werden. Das ist
heikel, denn Zdravko Mamic gilt noch immer als mächtiger Strippenzieher im
kroatischen Fußball. Zwar ist der nationalistische Polterer kurz vor der
Anklageerhebung im Februar 2016 von seinen Funktionen bei Dinamo Zagreb
zurückgetreten, aber er besitzt nun den Status eines „Beraters“ des Klubs.
In der Vergangenheit konnte Mamic, dem beste Verbindungen in die Politik
und Justiz Kroatiens nachgesagt werden, Prozesse gegen sich verhindern.
Deshalb findet die juristische Aufarbeitung des Korruptionsskandals in
Osijek und nicht in der Hauptstadt statt. Mamic nennt die Vorwürfe einen
„politisch motivierten Versuch der Zerstörung von Dinamo und der
Mamic-Familie“. Von 2003 bis 2016 regierte Mamic Dinamo, sein Bruder Zoran,
einst Bundesligaprofi unter anderem bei Bayer Leverkusen, war Sportdirektor
und später Trainer.
Zdravkos Sohn Mario war Inhaber einer Spieleragentur, die mehrere
Nationalspieler betreute, unter anderem Modric. In der vergangenen Dekade
setzte Dinamo durch den Verkauf von späteren Stars wie Modric, Mario
Mandzukic oder Mateo Kovacic über 130 Millionen Euro um. Wie viel davon die
Mamics abgezweigt haben, soll der Prozess klären. Außerdem soll Mamic mit
einigen Stars private Verträge abgeschlossen haben, die ihm zwanzig Prozent
der Einnahmen dieser Spieler bis zu deren Karriereende garantieren.
## Mamics Marionette
Der von Mamic aus Brasilien geholte, spätere kroatische Nationalspieler
Eduardo klagte dagegen. Als Vizepräsident nutze Mamic auch beim Verband
seine Macht. Der Verbandspräsident und ehemalige Real-Madrid-Star Davor
Suker gilt in den Augen vieler Kroaten als Marionette Mamics. Die dunklen
Machenschaften im kroatischen Fußball führten in der Vergangenheit immer
wieder zu Protesten.
Beim EM-Spiel der Kroaten gegen Tschechien vergangenen Sommer in St.
Etienne wollten Ultras von Dinamo, Hajduk Split und HNK Rijeka einen
Spielabbruch provozieren, um auf die Missstände hinzuweisen. Die
berüchtigte Dinamo-Gruppe Bad Blue Boys bezeichnet Mamic „als Dieb“ und
boykottierte jahrelang die Heimspiele. Die Fangruppen der anderen Klubs
sehen die Meisterschaft seit Jahren als von Dinamo manipuliert an.
Erstmals seit elf Spielzeiten könnte nun HNK Rijeka Dinamo als Meister
ablösen. Der Klub aus der Hafenstadt an der Kvarner Bucht führt derzeit die
Tabelle an. Während Dinamo durch die vielen Transfers seiner vielen Talente
in dieser Saison ausgezehrt wirkt, entwickelt sich Rijeka zum ernst zu
nehmenden Konkurrenten.
2012 kaufte der Geschäftsmann Gabriele Volpi für sieben Millionen Euro 70
Prozent des Klubs und tilgte die Schulden. Volpi, 73, ist im Ölgeschäft
Nigerias reich geworden. In Italien besitzt er den Wasserballklub Pro Recco
und den Fußballklub Spezia, doch dort sitzt ihm die Steuerfahndung im
Nacken. Rijekas Klub bezieht seine Gelder aber aus einer Stiftung Volpis
mit Sitz in Amsterdam.
27 Apr 2017
## AUTOREN
Tobias Schächter
## TAGS
Kroatien
Fußball
Steuerbetrug
EMtaz Meinung
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