| # taz.de -- EMtaz: Ein Loblied auf den Treter: Danke, Pepe! | |
| > Der Portugiese Pepe kann gleichzeitig schwalben und treten. Nach einer | |
| > Beinschere wurde er wüst beschimpft. Dabei müsste man ihm danken. | |
| Bild: Artistisch einwandfreie Beinschere: An Pepe ist ein Wrestler verlorengega… | |
| Schon wieder dieser Pepe, darf ja wohl nicht wahr sein! 1:1 steht es | |
| zwischen Portugal und Island in Saint-Étienne, die 68. Minute läuft gerade | |
| – da tritt dieser richtig fiese Verteidiger auf den Plan. Vom braven | |
| isländischen Stürmer Jon Bödvarsson bei einem Zweikampf leicht touchiert, | |
| knickt Pepe, dieses fast 1,90 Meter große Muskelpaket, so erbärmlich ein | |
| wie eine angesägte Pappel bei Windstärke 10. | |
| Beim Sinkflug fährt der Profi von Real Madrid auch noch die Beine aus und | |
| erwischt dabei Bödvarsson. Nicht so, wie er’s eigentlich möchte, aber doch | |
| so, dass es ein ganzes Stadion mitbekommt. Fast jedenfalls. Schiedsrichter | |
| Cüneyt Cakir übergeht die versuchte Tätlichkeit. Er weist die aufgebrachten | |
| Isländer zurück. Pepes theatralische Einlage belohnt er mit einem Freistoß. | |
| Pfui! | |
| Pepe, dieser tausendfache Wiederholungstäter, der ja auch nicht anders | |
| ausschaut als ein russischer Hooligan, müsste allein für diese Aktion von | |
| allen Fußballfeldern dieser Erde verbannt werden. Am besten lebenslänglich! | |
| Oder? | |
| Der Fußball braucht seine Helden, Glitzerboys wie Cristiano Ronaldo, | |
| vorbildliche Nachbarn wie Jérôme Boateng oder alte, charismatische Granden | |
| wie Gábor Király und Gianluigi Buffon. Doch wo Helden emporsteigen, müssen | |
| auch Schurken handwerkeln – so geht nun mal jedes ordentliche Drehbuch. | |
| ## Pepe, bitte bleib so, wie du bist | |
| Die feinen Künstler wie Pelé, Cruyff, Puskas und wie sie alle hießen, wären | |
| viel weniger wert, wenn die Provokateure, Rotzer und Blutgrätschenden | |
| dieser Fußballwelt nicht ständig versucht hätten, ihnen das Fußballspielen | |
| mit allen legalen und illegalen Mitteln zu verderben. | |
| Erst Antipoden wie Materazzi, Rijkaard und eben Pepe vervollständigen das | |
| Spiel. Weil sie die Regeln brechen. Das ist oft hässlich, plump, | |
| hinterlistig. Zugleich fasziniert es, mit welcher Selbstverständlichkeit | |
| einer wie Pepe immer und immer wieder die Arschloch-Rolle einnimmt. | |
| Einzig Maradona hat es geschafft, beides zu verkörpern, den wohlschaffenden | |
| Künstler und den hinterlistigen Mistkerl. Geschadet hat es ihm nicht, im | |
| Gegenteil. Sein freches Handtor im WM-Viertelfinale 1986 gegen die | |
| Engländer würde heute wohl ein Dutzend Ethikkommissare beschäftigen. Der | |
| klinische Fairplay- und Fairnessbetrieb Uefa (ähhhh…) schaut aus 534 | |
| Kameraeinstellungen genau hin. In Super-super-super-Slowmotion, versteht | |
| sich. Damals? Richtig, Lobpreisung auf die Hand Gottes. | |
| So weit wird es Pepe nie bringen. Kann er nicht, muss er nicht, soll er | |
| aber auch nicht. Es reicht, wenn er grobschlächtig über den Platz trampelt, | |
| die Ellenbogen ausfährt und gleichzeitig die Heulsuse mimt. Also so bleibt, | |
| wie ihn alle lieben: als letzten Schurken, der es verdient, aus tiefster | |
| Fußballseele heraus gehasst zu werden. Danke, Pepe! | |
| 15 Jun 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| David Joram | |
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