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# taz.de -- Machtkampf im Südsudan: Schüsse am Unabhängigkeitstag
> Ein Jahr nach dem Friedensvertrag droht dem Südsudan erneut ein
> Bürgerkrieg. Die Kämpfe begannen, als sich Vizepräsident Machar mit
> Präsident Kiir traf.
Bild: Journalisten liegen im Präsidentenpalast in Juba nach Schüssen auf das …
Berlin taz | Pünktlich zum Unabhängigkeitstag hallen wieder Schüsse durch
die Hauptstadt Juba. Südsudan, nach seiner Abtrennung von Sudan vor fünf
Jahren das jüngste Land der Welt, rutscht womöglich erneut in den
Bürgerkrieg – nur knapp ein Jahr nach Unterzeichnung des Friedensvertrages.
Von mindestens 150 Toten ist derzeit die Rede, die meisten seien Soldaten,
so die Angaben des Sprechers von Vizepräsident Riek Machar. Ein Arzt
berichtet der Nachrichtenagentur AP von mehr als 110 Toten im
Leichenschauhaus der zentralen Klinik, darunter auch Zivilisten.
Die Schusswechsel dauerten die ganze Nacht von Freitag auf Samstag vor
einem UN-Lager in Juba an, in dem seit Jahren mehr als 25.000 Menschen
Zuflucht suchen. Ein UN-Angestellter der lagerinternen Klinik meldete 40
Verletzte durch Schusswunden, darunter auch Frauen.
Die Kämpfe begannen am Freitag, als sich der Exrebellenchef und jetzige
Vizepräsident Riek Machar mit Präsident Salva Kiir im Präsidentenpalast
traf. Als sich die Leibwächtereinheiten der beiden begegneten, eskalierte
die Situation. Laut Zeugen dauerte der Schusswechsel rund 30 Minuten, dann
wurden schwere Waffen eingesetzt. Machar-Sprecher James Gatdet Dak postete
Fotos von Kampfhubschraubern über Südsudans Hauptstadt Juba auf Facebook.
Bereits am Donnerstag sei die Residenz Machars von sechs Panzern umzingelt
worden. Ein Offizier, der für Kiirs Militärgeheimdienst arbeitete, wurde
erschossen. Gerüchte über einen erneuten Putschversuch machten die Runde.
## Es ist, als ob sich die Geschichte wiederhole
Laut der Nachrichtenagentur AP kam es bereits in der Donnerstagnacht zu
ersten Schusswechseln während einer gemeinsamen Patrouille von Machars und
Kiirs Soldaten, wie sie laut Friedensvertrag vorgesehen sind. Dann
eskalierte die Situation letztlich beim Treffen der beiden Rivalen am
Freitag.
Die Einwohner verkrochen sich das ganze Wochenende über in ihren Häusern.
Botschaften rieten ihren Mitarbeitern, das Land zu verlassen, wenn es
sicher sei. Die in den vergangenen Jahren abgehaltenen Paraden und
Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag am 9. Juli waren in diesem Jahr
ohnehin auf ein Minimum reduziert, die Regierung kann sich große Feste
derzeit nicht leisten. Das Land liegt erneut am Boden.
Es ist, als ob sich die Geschichte wiederhole. Im Dezember 2013 begann der
jüngste Bürgerkrieg an exakt derselben Stelle, mit denselben Akteuren und
unter ähnlichen Umständen. Auch damals bezichtigte Präsident Kiir seinen
Vize Machar, einen Putsch zu planen. Die beiden Leibwächtereinheiten gingen
aufeinander los. Rasch breiteten sich die Auseinandersetzungen quer durchs
Land aus. Kiir ist von der Ethnie der Dinka, Machar von der Ethnie der
Nuer, den beiden größten Volksgruppen. Machar zog sich mit seinen loyalen
Nuer-Kämpfern aus der Hauptstadt zurück. Über zwei Jahre kämpften sie gegen
Kiirs Truppen in allen Provinzen des Landes um die strategisch wichtigen
Städte und Ölfelder. Bis zu 100.000 Menschen starben, 1,7 Millionen wurden
vertrieben, bis zu einer Million Südsudanesen flohen in die Nachbarländer.
Auf internationalen und regionalen Druck hin wurde in Äthiopiens
Hauptstadt Adis Abeba ein Friedensvertrag ausgehandelt, der erneut eine
Machtteilung vorsah. Nach langem Hin und Her wurde er im August 2015
unterzeichnet. Im April kehrte Machar als Vizepräsident nach Juba zurück.
10 Jul 2016
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Südsudan
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Unabhängigkeitstag
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