# taz.de -- EMtaz: Deutschland vor dem Viertelfinale: Das Turnier hat begonnen | |
> Die Slowakei ist abgehakt. Mit Italien wartet erstmals bei dieser EM ein | |
> echter Gradmesser auf die deutsche Mannschaft. Die bleibt zurückhaltend. | |
Bild: Freuen sich über den ersten echten Gradmesser der EM: Bastian Schweinste… | |
Wann geht es denn eigentlich so richtig los für das deutsche Team bei | |
dieser Europameisterschaft? Der slowakische Trainer Jan Kozak war nach der | |
Niederlage gegen Deutschland der Überzeugung: „Ich glaube, die haben heute | |
das Turnier wirklich begonnen.“ | |
Wie ein Vorgeplänkel fühlte sich dieses Achtelfinale in Lille für den | |
Bundestrainer Joachim Löw an. „Bei allem Respekt für den Gegner muss man | |
sagen, dass dieses Spiel noch kein echter Gradmesser war.“ Mit Lob hielt | |
er sich auffällig zurück. Seltsam nüchtern hörte es sich an, wenn er von | |
einer „insgesamt guten Leistung“ sowohl in der Offensive als auch in der | |
Defensive sprach. Und seine Laudatio auf den überragenden Julian Draxler | |
und seine Dribblings fiel mau aus: „Heute hat er ein bisschen Mut gehabt.“ | |
Die Aufarbeitung des 3:0-Erfolgs wurde im Rekordtempo vollzogen. Zu | |
eindeutig, zu einseitig, zu eindimensional verlief die Geschichte dieses | |
Spiels, als dass man sich an irgendetwas hätte groß aufhalten könnten. So | |
waren Trainer und Spieler gedanklich schon in Bordeaux, wo sie am | |
Samstagabend das Viertelfinale bestreiten werden und mit Italien eine echte | |
Herausforderung wartet. | |
Bastian Schweinsteiger etwa sagte: „Ich hoffe, dass wir uns jetzt als | |
Mannschaft gegen einen großen Gegner beweisen können.“ Eine gewisse | |
Unsicherheit klang bei diesen Worten schon durch. | |
## Ein erhöhtes Maß an Unberechenbarkeit | |
Man muss sich bei dieser EM ein wenig in Geduld üben, wenn man wissen will, | |
wo man steht. Mit Siegen gegen die Ukraine, Nordirland und die Slowakei | |
kann man selbst in der souveränsten Ausführung nur begrenzt für Eindruck | |
sorgen. | |
Dass Schweinsteiger überhaupt sprach, war allerdings wiederum ein echter | |
Gradmesser dafür, wie prächtig die Stimmung im DFB-Team nach dem | |
Achtelfinale war und wie gestärkt ein jeder aus dieser Partie gegangen war. | |
Zuletzt hatte der wegen seiner Knieverletzung ins zweite Glied gerückte | |
Mittelfeldspieler einen großen Bogen um die Mikrofone gemacht und | |
verkündet, er wolle erst einmal nur Leistungen sprechen lassen. Eine | |
Viertelstunde durfte er gegen die Slowakei aufs Feld, und die Teilhabe an | |
dem bislang besten deutschen Spiel hatte dann auch ihm die Zunge gelöst. | |
Tiefstehende Gegner, das hat die Vorrunde oder auch die Achtelfinalpartie | |
zwischen Frankreich und Irland gezeigt, sind durchaus in der Lage, große | |
Fußballnationen in erhebliche Selbstzweifel zu stürzen. | |
Das deutsche Team hat jedoch nach der Frustration gegen Polen mit den | |
letzten beiden Begegnungen einen Trend in die Gegenrichtung gesetzt. Man | |
begegnete den berechenbaren Verteidigungsstrategien der Gegner mit einem | |
erhöhten Maß an Unberechenbarkeit. Mit einem fast schon stürmenden | |
Außenverteidiger Joshua Kimmich etwa in der Partie gegen Nordirland und | |
einem Julian Draxler am Sonntag, der mit seinen Dribblings zuweilen im | |
Alleingang die Abwehr der Slowaken auseinandernahm. Das 2:0 von Mario Gomez | |
kurz vor der Halbzeit bereitete er wunderbar vor. | |
Der größte Gewinn, der sich aus all dem ergibt, ist nun der immens | |
gewachsene Glaube der deutschen Nationalspieler in die eigenen | |
Möglichkeiten. Gomez zum Beispiel, der zum zweiten Mal hintereinander traf, | |
habe seine Selbstsicherheit wiedergefunden, wie Löw bemerkte. Der Stürmer | |
nahm in seiner Euphorie bereits das Halbfinale ins Visier: „Wir müssen | |
unser Spiel machen mit unserer Begeisterung, dann glaube ich, dass wir eine | |
Runde weiterkommen.“ | |
Etwas vorsichtiger formulierte es jedoch Jérôme Boateng, der mit einem | |
fulminanten Volleyschuss die frühe und sicherheitsbestärkende Führung (8. | |
Minute) erzielt hatte: „Nach dem Spiel müssen wir selbstbewusst sein, aber | |
wir müssen es natürlich auch im nächsten Spiel umsetzen.“ Da klang sie | |
wieder durch, die Ambivalenz. Die Unklarheit aufgrund der bislang fehlenden | |
echten Bewährungsprobe, welchen Wert denn die dazugewonnene Stärke vor dem | |
nächsten Spiel gegen Italien hat. | |
28 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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