# taz.de -- Korfus Bürgermeister über Privatisierung: „Als wären wir eine … | |
> Bald betreibt Fraport 14 griechische Flughäfen – auch den von Korfu. Der | |
> Konzern könne so die Wirtschaft kontrollieren, kritisiert Kostas | |
> Nikolouzos. | |
Bild: Der Flughafen auf Lesbos. Allein 11 der 14 betroffenen Flughäfen befinde… | |
taz: Herr Nikolouzos, in dieser Woche kommen Sie nach Deutschland, um über | |
die „Zwangsprivatisierung“ des Flughafens von Korfu zu sprechen. Das | |
deutsche Unternehmen Fraport hat 1,2 Milliarden Euro bezahlt, um für eine | |
Dauer von 40 Jahren 14 griechische Flughäfen zu betreiben. Es ist die | |
größte Privatisierung unter der linken Syriza-Regierung. Sind Sie noch | |
wütend? | |
Kostas Nikolouzos: Ja, ich bin immer wütend darüber gewesen. Flughäfen und | |
Häfen gehören zur strategischen Infrastruktur eines Landes. Vor allem in | |
Griechenland, das sehr stark vom Tourismus abhängt. Wer die Flughäfen | |
kontrolliert, kontrolliert auch den Tourismus und kann so über einen großen | |
Teil der Wirtschaft bestimmen. | |
Fraport spricht von einer „Win-win-Situation“, weil das Unternehmen die | |
Flughäfen erneuere und so Stellen schaffe. | |
Nein, die meisten der 14 Flughäfen sind profitabel. Wenn Fraport diese | |
Profite abgreift, sind keine Investitionen mehr möglich – und so kann kein | |
Flughafen auf Dauer überleben … | |
… aber die griechische Regierung hat doch selbst nicht investiert. | |
Seit Beginn der Krise hat die griechische Regierung ihre Unabhängigkeit | |
verloren, weil sie von der Troika gezwungen wurde, nicht mehr zu | |
investieren. Vor der Krise war das anders. | |
Laut Vertrag muss Fraport aber über 300 Millionen Euro in die Flughäfen | |
investieren. | |
Das ist ein schlechter Witz. In den 40 Jahren wird Fraport mindestens 22 | |
Milliarden Euro Gewinn einstreichen und vielleicht 3 Milliarden zahlen. Und | |
Fraport kauft die Flughäfen ganz ohne Risiko, also frei von Arbeits- oder | |
Mietverträgen, teils mit einer Haftung des griechischen Staates für | |
Verlustausfälle. Das fühlt sich an, als wären wir eine Kolonie. Und den | |
Gewinn macht der deutsche Staat, der Griechenland zu diesem Deal gezwungen | |
hat. Fraport gehört nämlich zu über 50 Prozent dem Land Hessen und der | |
Stadt Frankfurt. Das hat einen sehr schlechten Beigeschmack! | |
Wie sehr schadet Deutschland mit solchen Geschäften dem europäischen | |
Zusammenhalt? | |
Hier in Griechenland glaubt doch fast niemand mehr an die europäische Idee. | |
Was soll das überhaupt sein, wenn es weder um den Wohlstand noch um das | |
Glück der Menschen geht? Die Idee eines Europas der Solidarität, des | |
Friedens und der Demokratie liegt jedenfalls in weiter Ferne. Der Sparzwang | |
hat Griechenland kaputt gemacht. Wir haben 25 Prozent Arbeitslosigkeit und | |
haben mehr als ein Viertel des Inlandsprodukts verloren. | |
Warum hat die Regierung den Verkauf nicht verhindert? | |
Der Verkauf wurde abgeschlossen, bevor Syriza an der Macht war. Tsipras | |
stellte sich gegen die Privatisierung, die Teil des dritten Memorandums | |
war, aber er wurde zur Unterschrift gezwungen, sonst wäre der Schaden noch | |
größer gewesen. Natürlich sind die Menschen hier enttäuscht, aber sie sind | |
auch wütend. Und ich hoffe, dass dies zu einer Veränderung führt. Denn die | |
Dinge müssen sich ändern, das neoliberale Programm hat keine Zukunft. Ich | |
hoffe nur, dass wir dafür nicht so viele Opfer bringen müssen. Zudem muss | |
die Solidarität der europäischen Linken größer sein. Als Tsipras gewählt | |
wurde, gab es überall Demonstrationen, aber jetzt haben viele die große | |
Krise in Griechenland vergessen. | |
29 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
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