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# taz.de -- Kompromiss der Großen Koalition: Steuerfrei erben bis 26 Millionen
> Die CSU setzt bei der Erbschaftsteuer Vergünstigungen für
> Familienunternehmen und kleine Handwerksbetriebe durch. Anderswo muss sie
> Federn lassen.
Bild: Das Grab des Aldi-Gründers Karl Albrecht: Hier gab es richtig viel zu er…
Berlin taz | Auf den letzten Metern hat die CSU bei der Erbschaftsteuer
noch Vergünstigungen für Firmenerben herausgeholt. Um von der Steuer
befreit zu werden, müssen Handwerksbetriebe mit bis zu fünf Beschäftigten
künftig nicht nachweisen, dass sie Arbeitsplätze sichern.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wollte die Grenze schon bei
drei Arbeitnehmern ziehen. Damit das Gesetz endlich beschlossen werden
kann, stimmten CDU und SPD dem Kompromiss nun zu.
Die Einigung verkündete die Regierung am Montag nach anderthalbjähriger
Debatte. Im Dezember 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht das
Erbschaftsteuergesetz in entscheidenden Punkten bemängelt. Die RichterInnen
hielten eine Steuerverschonung für kleine Firmen und große, kapitalkräftige
Unternehmen für zu großzügig. Sie setzten Regierung und Parlament eine
Frist zur Überarbeitung bis Ende dieses Monats.
Schäuble legte daraufhin im Juni 2015 einen Reformvorschlag vor. Erstens
sollte die Steuerfreigrenze für kleine Betriebe von 20 auf drei
Beschäftigte sinken. Zweitens sollten Unternehmen mit einem
Betriebsvermögen von mehr als 20 Millionen Euro nur noch teilweise von der
Steuer verschont werden – auch wenn sie Arbeitsplätze erhalten. Bei mehr
als 110 Millionen Euro sollte eine weitere Verschärfung eintreten.
## Druck von der Erbenlobby
Dagegen machten Unternehmerverbände und CSU mobil. Es gelang ihnen, den
Entwurf an mehreren Stellen zu verändern. So stieg die Untergrenze beim zu
versteuernden Betriebsvermögen auf 26 Millionen Euro. Familienbetriebe
erhielten einen zusätzlichen Freibetrag von 30 Prozent des
Betriebsvermögens. Argument: Die Nachkommen könnten das ererbte Vermögen
nicht verkaufen, weil es im Unternehmen stecke. Und wer Erbschaftsteuer
zahlen muss, dazu aber nicht in der Lage ist, sollte sie für zehn Jahre
gestundet bekommen – zinslos.
Doch diese Zugeständnisse reichten der CSU am Schluss nicht mehr aus. Neben
der Anhebung der Beschäftigtengrenze von drei auf fünf Arbeitnehmer drückte
sie noch durch, dass auch Mittel für Investitionen zwei Jahre lang nicht
unter die Steuer fallen sollen.
Aber auch die CSU musste Federn lassen. Die obere Grenze von 110 Millionen
Euro, die Schäuble für eine schärfere Besteuerung zog, wird künftig bei
circa 90 Millionen liegen. Manche Erben werden also etwas mehr Steuer
entrichten müssen, als Schäuble beabsichtigte. Das verlangte die SPD als
Ausgleich für die CSU-Forderungen.
## Einnahmen bleiben gleich
Weil die Union Steuererhöhungen ablehnt, will sie die Reform
aufkommensneutral gestalten. Die Einnahmen sollen das bisherige Niveau, das
bei sechs Milliarden Euro pro Jahr liegt, allenfalls leicht übersteigen.
2014 wurde laut Statistischem Bundesamt Vermögen im Wert von 108,8
Milliarden Euro vererbt oder geschenkt. Wegen Freibeträgen und
Firmenprivilegien wurden davon nur 33,8 Milliarden Euro besteuert. Die
Finanzämter nahmen schließlich 5,4 Milliarden ein.
Die Stiftung Familienunternehmen begrüßte die „Fortschritte“ im Vergleich
zu Schäubles Entwurf – und klagte: „Für eine große Anzahl von
Familienunternehmen wird sich die Erbschaftsteuerbelastung deutlich
erhöhen.“ Weitere Vergünstigungen seien nötig.
Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) meint
dagegen: „Betriebsvermögen werden in einer Weise privilegiert, die für den
Erhalt der Unternehmen nicht erforderlich ist.“ Er rechnet mit neuen
Verfassungsklagen. Bevor es so weit kommt, müssen Bundestag und Bundesrat
die Reform beraten und beschließen.
20 Jun 2016
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Erbschaftsteuer
Große Koalition
CSU
Familienunternehmen
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Grüne
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