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# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
> Sanderistas vor der Wahlenthaltumg, Honks als Bundespräsident und
> Fußball-B-Ware für die Gebührenzahler.
Bild: Bernie und die Sanderistas
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Während der EM hängen viele ihre jeweilige
Herkunftsfahne aus dem Fenster. Ein Horror für völkisch Gesinnte.
Und was wird besser in dieser?
Während der EM hängen viele ihre jeweilige Herkunftsfahne aus dem Fenster.
Ein Horror für völkisch Gesinnte.
Gauck lehnt eine zweite Amtszeit ab. Wer wäre ein*e würdige*r
Nachfolger*in?
Bei einer Direktwahl hätte allenfalls Frank-Walter Steinmeier Chancen, sich
gegen Günther Jauch durchzusetzen. Allerdings ist Steinmeier für die Union
viel nützlicher, wenn er wahlweise als besserer Kanzlerkandidatenkandidat
Gabriel überschattet – oder als Kanzlerkandidat noch mal gegen Merkel
verliert. Die Union kann im Zuge von Christian-Wulff-Gedächtnis-Wahlen
Norbert Lammert im dritten Wahlgang durchwürgen, was ein erwartbarer
machtpolitischer Move wäre. Apropos: Wulff, Köhler, Herzog, Gauck und noch
stets Walter Scheel könnten als Kollektiv ein Bundespräsidium bilden und so
zur Kostensenkung beitragen.
Kommen wir zu Variante B: „So unwahrscheinlich – das glaubt keine Sau.“ Es
führt also kein Weg an der wunderbaren Kollegin Carolin Emcke vorbei. Im
Gegensatz zu Gauck verherrlicht sie Kriegseinsätze nicht als „Verantwortung
übernehmen“ und Absage an „Glückssucht“, sondern war vor Ort und kann
urteilen. Ihr Buch über die RAF weist sie als praktische Philosophin aus,
jenes über das „Begehren“ plädiert für sexuelle Freiheit und lässt alle
AfDler einen dicken Strahl kotzen. Perfekt. Als Kompromiss im neunten
Wahlgang könnte man sich breitschlagen lassen, dass es irgendein Honk wird
mit der Auflage, ausschließlich Emcke-Reden vorzutragen.
Hillary Clinton nimmt Bernie Sanders endgültig die Chance auf einen Sieg im
Vorwahlkampf. Er gibt trotzdem nicht auf. Verstehen Sie das?
Wie sollte er? Im Wahlkampf hat er Clinton blamiert als
Wall-Street-Festrednerin und Establishment-Dunkelkönigin. Das hat seine
Position gestärkt – wie die des Outlaws Trump. Eine spurlose Implosion des
Furors triebe Sanderistas zur Wahlenthaltung oder gar zur losen Kanone
unterm blonden Flokati. Also: Clinton muss Sanders starke Programmangebote
machen und eine/n „running mate“ benennen, der/die die unbeliebte
Millionärin mit ordentlich Sozialwilliaroma bedampft. Der Ball liegt bei
Clinton.
Knapp fünf Milliarden Euro nimmt die Deutsche Fußball-Liga für die Vergabe
der Fernsehrechte ein. Denken Sie auch gerade, dass Sie in der falschen
Branche arbeiten?
Überraschung in der Überraschung ist, dass „Sportschau“ und „Sportstudi…
die Lieblingsmobbingopfer ARD und ZDF, doch noch mal Rechte bekommen.
Solche Magazine sind brutal teuer, denn wo man Topquoten mit einem
einzelnen Livespiel erzielen könnte, müssen die Sender das fünffache
Equipment bezahlen – um letztlich auch nicht mehr Reichweite zu erlangen.
Tendenziell werden die Öffentlich-Rechtlichen Darmstadt gegen Ingolstadt in
acht Minuten zusammenfassen, während Private Dortmund – Bayern in voller
Länge feiern. Kurz: Die DFL beint den Gebührenzahler mit B-Ware aus und
gibt die Premiumware an andere. Dafür muss sie das Chaos formerly known as
„Spieltag“ auf vier Tage splitten und greift so alle unteren Spielklassen
an. Schon ab der Zweiten Liga wird es haarig, Spiele anzusetzen, die nicht
gegen höherwertige TV-Konkurrenz ankommen.
Fazit: Die Unternehmensgruppe DFL wendet sich gegen die Fernsehhaushalte
und gegen den Breitensport. Das gilt es im Auge zu behalten, wenn der
Steuerzahler mal wieder für Stadionbauten, Polizeieinsätze und klamme Clubs
aufkommen soll. Der WDR übertrug Ende Mai über sechs Stunden am Stück die
Ligapokalfinals mit reichlich Amateur- und unterklassigem Fußball. War
offenbar eine Geste, die bei den Ligabonzen verstanden wurde.
Haben Sie Mitleid mit Gina-Lisa Lohfink?
Nachdem von den Vorfällen ein Video existiert, auf dem die Frau mehrfach
vernehmlich „Hör auf!“ sagt, wäre es interessant zu erfahren, wie die
Richter dies deuteten, um zum Urteil „keine Vergewaltigung“ zu kommen. Und
natürlich für viele Vergewaltigungsopfer die bange Frage, ob man künftig
den Vergewaltiger um kurzes Innehalten bitten sollte, damit man vorher
Kameraequipment und drei unabhängige Zeuge bereitstellen kann.
Glauben Sie, der türkische Präsident Erdoğan regt sich bald wieder ab wegen
der Armenien-Resolution?
Es sind schon Wirtschaftssanktionen wegen weniger verhängt worden. Etwa
gegen Österreich, als dort 2000 die FPÖ an der Regierung beteiligt wurde.
Dazu hätte es allerdings der taktisch halbtollen, verspäteten
Armenien-Resolution nicht erst bedurft; die Selbstentmachtung des
türkischen Parlaments ging dem voraus. Moralische Debatten mit Erdoğan
verheißen wenig Erkenntnisfortschritt, er verwechselt sich mit einem
großosmanischen Traum und bekommt die Trennung zwischen seiner Person und
einem politischen Konzept nicht mehr hin. Also: der türkischen Wirtschaft
klarmachen, dass der Staatschef ihr schadet. Bei uns in Deutschland
funktioniert das immer, am Ende regiert der mit dem Draht zum Business.
Bahnchef Grube hat angekündigt, dass in fünf Jahren die ersten Züge ohne
Lokführer fahren sollen. Macht Ihnen das Angst?
Was bitte sollen denn jetzt die Milliarden kleiner Jungs sagen, die bisher
„Lokomotivführer werden“ wollten? „Ich werd Silikon“?
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat festgestellt, dass
Jugendliche heute weniger rauchen und saufen als früher. Was machen die
denn dann?
Werden älter und gehen in die CSU.
Sex, Drogen und Schulden im Bordell. Was ist denn in der CSU los?
Gemessen an den traditionellen Trunkenheitsfahrten: ein
Modernisierungsschub.
Wer wird Europameister?
Wenn es so fair zugeht wie beim ESC – die Ukraine.
Und was machen die Borussen?
Barta, Dembele, Merino, Mor, Rode – bei den Neueinkäufen hat man sich
sprachlich gegenüber polnischen Zungenbrechern stark verbessert.
12 Jun 2016
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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