# taz.de -- Befristete Beschäftigung: In der Luft hängengelassen | |
> Die Uni Leipzig hat eine Biochemikerin 22 Jahre lang nur befristet | |
> beschäftigt. Das Bundesarbeitsgericht lehnte ihre Klage auf | |
> Festanstellung ab. | |
Bild: Sie erforschte Leberkrebs, aber eine Festanstellung gab es nicht | |
FREIBURG taz | Eine Leipziger Wissenschaftlerin wurde 22 Jahre lang immer | |
nur befristet beschäftigt. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts muss | |
sie weiter um eine Festanstellung bangen. | |
Die Biochemikerin begann 1989, also noch zu DDR-Zeiten, an der Uni Leipzig | |
zu arbeiten. In den 22 Jahren bis 2011 hatte sie insgesamt elf verschiedene | |
befristete Beschäftigungsverhältnisse – aber immer am gleichen Lehrstuhl. | |
Mal war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin, mal wissenschaftliche | |
Assistentin. Manche Befristungen waren grundlos, andere wurden mit ihrer | |
Promotion und Habilitation begründet. Von 1996 bis 2007 war sie Beamtin auf | |
Zeit. Ab 2007 war sie in Drittmittelprojekten eingesetzt – auch das ein | |
Grund zur Befristung. | |
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Chemnitz gab der Frau im März 2014 aus zwei | |
Gründen recht. Zum einen sei die Frau bei der letzten Befristung, die sich | |
auf ein Projekt zum Leberkrebs bezog, während 11 von 22 Monaten an einem | |
anderen Projekt eingesetzt gewesen. Außerdem liege ein „Missbrauch“ von | |
legalen Befristungsmöglichkeiten vor, wenn jemand 22 Jahre lang auf dem | |
gleichen Arbeitsplatz sitzt und trotzdem keine Dauerstelle erhält. | |
## Kein Rechtsmissbrauch | |
Die Uni Leipzig ging jedoch in Revision. Nach ihrer Ansicht war die | |
Befristung gerechtfertigt. Das Projekt zur „virtuellen Leber“, an dem die | |
Forscherin zeitweise arbeitete, sei in engem Zusammenhang mit dem | |
Drittmittelprojekt gestanden, das die letzte Befristung rechtfertigte. | |
Zudem seien die acht Jahre im Beamtenverhältnis von der Gesamtzeit der | |
befristeten Tätigkeit abzuziehen. | |
Das Bundesarbeitsgericht hob nun das Chemnitzer Urteil auf. Grundsätzlich | |
könne es zwar auch in der Wissenschaft rechtsmissbräuchliche Befristungen | |
geben. Dabei seien auch Zeiten im Beamtenstatus mitzurechnen. | |
Allerdings seien Zeiten, die der wissenschaftlichen Qualifizierung dienen, | |
nicht zu berücksichtigen. Im Falle der habilitierten Biochemikerin konnte | |
das BAG deshalb keinen Rechtsmissbrauch feststellen. | |
Ihr Fall wurde nun an das LAG zur neuen Verhandlung und Entscheidung | |
zurückverwiesen. Dort muss jetzt das Verhältnis der beiden | |
Drittmittelprojekte näher aufgeklärt werden. (Az. 7 AZR 259/14) | |
9 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Zeitarbeit | |
Universität Leipzig | |
Bundesarbeitsgericht | |
Befristete Beschäftigung | |
Arbeitsbedingungen | |
Universität | |
Arbeitsagentur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie über unsichere Arbeitsverhältnisse: Kein Schutz in der Krise | |
Drei Viertel der Arbeitskräfte weltweit arbeiten befristet oder mit | |
Zeitvertrag. Die Lohnunterschiede gegenüber ständig Beschäftigten sind | |
stark angestiegen. | |
Arbeitsbedingungen an den Hochschulen: Wissenschaftler nicht nur auf Zeit | |
Die Gewerkschaft GEW will Daueranstellungen an den Unis für | |
wissenschaftliche Mitarbeiter, die promoviert sind. Auch die SPD plant | |
einen Gesetzentwurf. | |
Arbeitsmarkt in Deutschland: Hauptsache, die Statistik stimmt | |
Immer mehr Arbeitslose werden von der Arbeitsagentur in Zeitarbeit | |
vermittelt. Inzwischen kommt Kritik auch aus der Agentur selbst. |