# taz.de -- Minderheiten auf der Krim: Opposition ist verboten | |
> Auf der von Russland annektierten Krim verschlechtert sich die | |
> Menschenrechtslage – vor allem für Krimtataren. Der Geheimdienst führt | |
> Regie. | |
Bild: Gedenken der Tataren auf der Krim am Mittwoch dieser Woche an die Deporta… | |
KIEW taz | Oppositionelle Tataren auf der von Russland annektierten Krim | |
sollen zu Islamisten erklärt und entsprechend verfolgt werden: Diese | |
Strategie schlägt der russische Inlandsgeheimdienst FSB im Rahmen eines | |
Dreijahresplans vor, um die widerspenstige Minderheit der Krimtataren | |
gefügig zu machen. Ein entsprechendes Schreiben des FSB-Vizechefs auf der | |
Krim, Oberst Rustam Ibragimow, an Krim-Präsident Sergei Axjonow ist jetzt | |
über ukrainische Medien an die Öffentlichkeit geraten. | |
Das vom 28. April 2015 datierte Schreiben, das den Briefkopf des FSB trägt, | |
macht die „Medschlis“, die organisierte Vertretung der Krimtataren, als | |
Hauptfeind der „Angliederung der Krim an Russland“ aus. Die Medschlis, so | |
das Schreiben, sei von „antirussischen Überzeugungen geprägt“ und würde | |
„ukrainische Propaganda betreiben“. Vor diesem Hintergrund schlägt der FSB | |
vor, die Medschlis zur radikalen islamistischen Organisation zu erklären | |
und sie zu verbieten. | |
Ferner solle die politische Führung der Krim die Aktivitäten „patriotischer | |
Organisationen“ auf der Halbinsel verstärken, Personen an der | |
administrativen Grenze zur Ukraine „filtern“ und den Krimtataren eine | |
Ausreise aus der Krim unmöglich machen. Diese Aktivitäten sollen von | |
entsprechenden Kampagnen in den Medien begleitet werden. | |
Auch wenn es schwer sein dürfte, die Authentizität des Schreibens bei den | |
russischen Sicherheitsbehörden abzufragen, scheint sich die Situation der | |
Krimtataren weitgehend nach diesem Szenario abzuspielen. | |
## Extremistische Organisation | |
Am 26. April bereits hatte das Oberste Gericht der Krim die Medschlis zur | |
extremistischen Organisation erklärt und sie auf der Krim und in Russland | |
verboten. Menschenrechtsorganisationen und Krimtataren beklagen sich über | |
eine weitere Verschlechterung der Menschenrechtslage. | |
Am 30. Mai sprach der Inlandsgeheimdienst FSB der krimtatarischen | |
Journalistin Lilia Budschurowa eine Verwarnung für ihre „extremistische | |
Tätigkeit“ aus. Grund: Die Journalistin habe sich in sozialen Netzwerken | |
für die Unterstützung inhaftierter Krimtataren ausgesprochen. | |
Ende Mai berichtete die ukrainische Menschenrechtlerin Alexandra | |
Matwijtschuk von 31 Ukrainern, die derzeit aus politischen Gründen in | |
russischen Gefängnissen inhaftiert seien. Davon seien 16 Krimtataren. | |
Menschenrechtler sprechen von über einem Dutzend Morden an Krimtataren seit | |
der Annexion. Am 29. Mai traf es die Krimtatarin Mumin Aliewa. „Ich weiß | |
nicht, ob der Mord an Mumin Aliewa einen politischen Hintergrund hat“, | |
erklärte Emine Dzheppar, stellvertretende Informationsministerin der | |
Ukraine und einzige Krimtatarin in der ukrainischen Regierung, gegenüber | |
der taz. „Doch wir müssen uns den Kontext ansehen, in dem dieser Mord | |
geschehen ist. Auf der Krim werden die Krimtataren eingeschüchtert, | |
verfolgt und systematisch diskriminiert.“ | |
Die Einschüchterungen, so die ukrainische Ministerin, seien für die | |
Bevölkerung ein Signal, dass die Krimtataren für die russischen Behörden | |
Menschen zweiter Klasse seien und weniger Rechte hätten als die anderen | |
Bewohner der Krim. | |
Inzwischen scheint man auch international die ernste Menschenrechtslage auf | |
der Krim wahrzunehmen. Anfang dieser Woche trafen sich Krimtataren mit dem | |
für Menschenrechte zuständigen UN-Untergeneralsekretär Ivan Šimonović in | |
Kiew. | |
3 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Clasen | |
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