# taz.de -- Hetze gegen linke Südkoreaner: Gekaufter Mob aus dem Norden | |
> Ultrakonservative bezahlten Flüchtlinge aus Nordkorea für Proteste. Um | |
> die Geldwege zu verschleiern, liefen die Transfers über eine Scheinfirma. | |
Bild: Ziel des rechten Mobs: Gewerkschafter in Seoul, hier am 1. Mai | |
Seoul taz | Wer durch Seouls Zentrum spaziert, stolpert früher oder später | |
über den wütenden Senioren-Mob: Die Augen hinter verspiegelten Brillen | |
versteckt, marschieren sie fast im Wochentakt am Rathausplatz auf. Je nach | |
politischer Lage verbrennen sie dort Nordkorea-Flaggen, wettern gegen | |
Homosexuelle oder verfluchen linke Gewerkschafter. Wenn sie mal für etwas | |
demonstrieren, dann meist für Beschlüsse der Regierungspartei – etwa die | |
Einführung eines staatlichen Geschichtsbuchs für den Schulunterricht. Die | |
Rede ist von der „koreanischen Eltern-Vereinigung“, einer von | |
ultrakonservativen Koreakriegsveteranen gegründeten Protestbewegung. | |
Recherchen des linken Sisa-Magazins zeigen: Die Politsenioren lassen sich | |
von neoliberalen Gruppen für ihren Aktivismus entlohnen. Bis zu umgerechnet | |
400.000 Euro soll ein privates Wirtschaftsbündnis, das auch Interessen von | |
Samsung und LG vertritt, zwischen 2012 und 2014 gezahlt haben. Zur gleichen | |
Zeit demonstrierte die „Eltern-Vereinigung“ für die Lockerung des | |
Arbeitsrechts und die Ausweitung von Zeitverträgen. Um die Geldwege zu | |
verschleiern, liefen die Transfers über eine Scheinfirma. | |
Besonders prekär: Teile des Geldes nutzte das konservative Bündnis dafür, | |
fast 1.300 nordkoreanische Flüchtlinge für 39 Protestaktionen anzuheuern. | |
Es ging vor allem um Demos gegen die Angehörigen der Opfer der | |
„Sewol“-Katastrophe, die eine unabhängige Untersuchung forderten, um die | |
politischen und wirtschaftlichen Verstrickungen hinter dem Schiffsunglück | |
aufzudecken. Dabei starben 2014 fast 300 Oberschüler. Für eine | |
Tagespauschale von gut 15 Euro diffamierten die Nordkoreaner die Anliegen | |
der Angehörigen als verschwenderischen Aktivismus. Für nordkoreanische | |
Migranten, die meist prekäre Jobs verrichten, entspricht dies einem Lohn | |
von gut drei Stunden. | |
Als die Sisa-Reporter den Generalsekretär der Vereinigung mit der Recherche | |
konfrontierte, soll dieser ein weiteres, brisantes Detail offenbart haben: | |
Nachdem die Regierungen Südkoreas und Japans Ende 2015 eine umstrittene | |
Einigung in der „Trostfrauen“-Frage erzielt hatten, soll ein Beamter aus | |
Südkoreas Präsidentenpalast die Organisation vergeblich gebeten haben, | |
dafür öffentlich zu demonstrieren. „Ein Einzelfall“, heißt es vom | |
Regierungsseite. | |
Präsidentin Park Geun Hye bestellte kürzlich die Chefredakteure der großen | |
Zeitungen ein. „Ich wurde gebrieft, dass die Anschuldigungen nicht | |
stimmen“, sagte sie. Wie sie persönlich zu der Eltern-Vereinigung stehe, in | |
deren Zentrale ihr Porträt wie auch das ihres Vaters, des langjährigen | |
Militärdiktators Park Chung Hee, an der Wand hängt? Es sei „unangebracht“ | |
für eine Präsidentin, sich über eine Bürgerinitiative öffentlich zu äuße… | |
1 Jun 2016 | |
## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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