# taz.de -- Kommentar Obamas Asien-Politik: Machtspiel in Fernost | |
> Obamas Asienreise spiegelt sein Ziel der letzten Jahre wider: Die USA | |
> sollen dominierende Macht in Fernost bleiben. Ein Plan, der nicht | |
> aufgeht. | |
Bild: Obama begrüßt Mitglieder des US- und japanischen Militärs während sei… | |
Dass US-Präsident Barack Obama diese Woche in Hanoi das Ende des | |
Waffenembargos gegen den früheren Kriegsgegner Vietnam verkündete, ist viel | |
mehr als die Versöhnungsgeste eines scheidenden Präsident. Es ist ein | |
Kennzeichen seiner auf Asien ausgerichteten Außenpolitik. | |
Obama bietet Vietnams Kommunisten eine Rückversicherung gegen ihren | |
zunehmend aggressiv auftretenden Nachbarn China. Hanoi und Peking streiten | |
sich um Riffe im rohstoff- und fischreichen Südchinesischen Meer. Das | |
reklamiert China zu 80 Prozent für sich und stößt damit alle Anrainer vor | |
den Kopf. Unter Xi Jinping zeigt China selbstbewusst seine | |
Weltmachtambitionen. | |
Obama hatte 2012 seine Außenpolitik unter dem Label „Pivot to Asia“ | |
(Hinwendung nach Asien) angekündigt und später „Rebalancing“ genannt. Er | |
grenzte sich damit von George W. Bush ab, dessen Politik von den Konflikten | |
in Afghanistan und Irak dominiert war und aus Sicht Obamas die Dynamik des | |
Fernen Ostens vernachlässigte. | |
Geboren in Hawaii und dort sowie in Indonesien aufgewachsen, hat Obama | |
schon persönlich eine stärker pazifische Perspektive. Er sah, wie die USA | |
in der einst von ihnen dominierten Wachstumsregion wirtschaftlichen und | |
machtpolitischen Einfluss verloren. Er wollte dort das US-Militär stärken, | |
mit einer Präsenz von 60 statt zuvor 50 Prozent der US-Marine im Pazifik. | |
Und er wollte diplomatische Initiativen ergreifen, Handel und Investitionen | |
vergrößern, Demokratie und Menschenrechte fördern. Letzteres blieb freilich | |
stets dem geostrategischen Ziel untergeordnet. | |
## Zwei Weltmächte | |
Obamas Ziel ist, dass die USA dominierende Macht in Asien bleiben und | |
Chinas weiterer Aufstieg in einem Rahmen erfolgt, der von Washington, nicht | |
von Peking geprägt wird. Deshalb bleibt China dem G-7-Gipfel fern und setzt | |
auf die G-20, deren nächsten Gipfel es in Schanghai ausrichtet. | |
Asien ist Schauplatz eines Machtkonflikts zweier Weltmächte, in dem die USA | |
möglichst viele Staaten auf ihre Seite bekommen wollen. Inzwischen reiste | |
Obama öfter als jeder andere US-Präsident nach Fernost. Seine Bilanz ist | |
dennoch bescheiden: Die Stationierung von 2.800 US-Marines im australischen | |
Darwin, die um einen Flugzeugträgerverband verstärkte Pazifikflotte sowie | |
einige Militärabkommen, etwa mit den Philippinen. Dazu kommt, neben | |
politischen Annäherungen an Vietnam und Birma, die demonstrative US-Präsenz | |
im Südchinesischen Meer. | |
Was China als Provokation wertet, stellen die USA als Verteidigung der | |
freien Schifffahrt dar. Beide Seiten sind bisher vernünftig genug, daraus | |
keinen militärischen Konflikt entstehen zu lassen. Doch sind beim | |
Schachspiel auf dem Wasser künftige Zwischenfälle nicht auszuschließen. | |
Zwar gilt das US-Militär Chinas Streitkräften noch auf Jahre als überlegen, | |
doch ist China für die meisten asiatischen Staaten inzwischen der größte | |
Handelspartner. | |
## Auf Chinas Mist gewachsen | |
Die USA bleiben ein wichtiger Exportmarkt, aber China verteilt mehr Kredite | |
und Investitionen. Mit seiner Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) | |
hat es dafür ein wichtiges Instrument, bei dem die USA außen vor bleiben. | |
Umgekehrt schloss Obama China vom Transpazifischen Freihandelsabkommen | |
(TPP) aus, das den Handel mit den asiatischen US-Partnern stärken soll. | |
Doch wird Obama dieses Vorhaben nicht mehr selbst durch den Kongress | |
bekommen; seine potenziellen Nachfolger Hillary Clinton und Donald Trump | |
haben sich bereits dagegen ausgesprochen. | |
Die verbesserten Beziehungen zu einigen asiatischen Ländern sind damit | |
weniger Obamas Verdienst als vielmehr auf Chinas Mist gewachsen. Dessen als | |
Bedrohung empfundene Politik hat auf asiatischer Seite zu einem | |
„Rebalancing“ geführt, bei dem heute mehr Wert auf fortgesetzte Präsenz d… | |
USA gelegt wird. Die USA und China werden nicht umhinkommen, sich besser | |
miteinander zu arrangieren. | |
27 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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