Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Bückware in Einheitsverpackung
> Alle Zigarettenpäckchen müssen in Irland ab jetzt identisch sein. Sie
> sind kotzgrün, haben ein noch größeres Ekelfoto.
Bild: Qualmen wird demnächst wieder einmal teurer
Es geht mich ja eigentlich nichts mehr an, denn ich bin seit fast einem
Jahr nikotinfrei. Aber manchmal stelle ich mich noch wehmütig neben einen
Rauchenden und atme tief ein. Überrascht las ich, dass in Deutschland seit
Freitag Ekelbilder auf den Zigarettenpackungen abgedruckt sind. Das gibt es
in Irland seit Jahren. Als ich noch rauchte, sammelte ich die hässlichen
Schachteln.
Auf der Grünen Insel ist man längst einen Schritt weiter. Seit Jahren sind
Kippen Bückware und dürfen in Geschäften nicht sichtbar sein. Am Freitag
ist die nächste Stufe der Rauchergeißelung in Kraft getreten: Alle
Zigarettenpäckchen müssen ab jetzt identisch sein. Sie sind kotzgrün, haben
ein noch größeres Ekelfoto, darunter steht klein in festgelegter
Schrifttype der Markenname. Bis Mai nächsten Jahres dürfen die Vorräte
allerdings noch aufgebraucht werden. Wenn jemand danach eine alte Schachtel
anbietet, hagelt es Strafen. Für Tabak zum Selbstdrehen gilt das Gleiche.
Die Schachteln müssen mindestens 20 Zigaretten enthalten, damit das
widerliche Foto, das zwei Drittel der Packung bedecken muss, gut sichtbar
ist. Müssen Touristen, die nach dem Stichtag aus raucherfreundlicheren
Ländern einreisen, im Fährhafen oder auf dem Flughafen die bunten
Schachteln verbrennen und die Kippen lose importieren? Ein einheimisches
Kind könnte ja sonst eine verführerisch bunte Packung sehen und – schwupps
– zum Raucher werden.
Und was ist eigentlich mit Süßigkeiten? Zucker versetze „den menschlichen
Organismus von Kopf bis Fuß in einen derart geschwächten Zustand, dass
jeder Tag zu einem Überlebenskampf werden kann“, heißt es auf der Webseite
des Zentrums für Gesundheit. Also muss eine Einheitsverpackung für
Gummibärchen und Co. her, und zwar mit Horrorfotos von schlaffen,
antriebslosen, depressiven, kranken Kindern.
Der britische Künstler Fuller hat übrigens 110 verschiedene
Zigarettenschachteln zu Grabsteinen umgestaltet. Wie originell. Als alter
Suchtbolzen erkennt man die Marken aber trotz der Verfremdung. Das Werk
heißt „Duty paid“, doch die Tabaksteuer zahlen in Irland nur Menschen, die
selbst nie ins Ausland reisen und auch niemanden kennen, der das tut. Eine
Schachtel kostet nämlich 10 Euro, und bis 2020 soll sich der Preis
verdoppeln, so wünscht es sich das Gesundheitsministerium.
Dort sitzt seit der Regierungsbildung vorvergangene Woche jedoch ein
Staatssekretär mit einem Herzen für Raucher. Finian McGrath bat um mehr
Verständnis für die Nikotinsüchtigen, schließlich seien sie mit 20 Prozent
eine bedeutende Minderheit. Natürlich lösten seine Äußerungen das Wutgeheul
der moralisierenden Meute aus, allen voran der Irish Independent, das Blatt
für den selbstgerechten Kleinbürger: „Der neue Staatssekretär im
Gesundheitsministerium hat sich geweigert zu versprechen, dass er das
Rauchen aufgeben werde“, rüffelte das Blatt. Bei solch gehobenen
Zeigefingern könnte man glatt wieder zur Kippe greifen.
23 May 2016
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Zigaretten
Verpackungen
Zigaretten
Zigaretten
Monster
Irland
Schwerpunkt Brexit
Irland
Schwerpunkt Klimawandel
Engländer
Großbritannien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tabaksteuer steigt: Scholz lässt RaucherInnen zahlen
Zigaretten werden wieder teurer: Ab kommendem Jahr sollen es schrittweise 5
Cent pro Packung sein. ExpertInnen fordern keine Zigaretten mehr bis 2040.
Philipp Morris ändert Strategie: Marlboro-Man raucht jetzt E-Kippen
Der Tabakkonzern Philipp Morris reagiert auf den Gesundheitstrend – und
wendet sich von seinem ureigensten Produkt ab.
Die Wahrheit: Pessie, die Monsteruroma
Was den Schotten ihr Ungeheuer von Loch Ness, ist den Iren die Bestie von
Kilkee. Kommt es zu einem Gigantenkampf?
Die Wahrheit: Taxi zum Schafott
Dublins Taxifahrer sind Gangster – zumindest haben nicht wenige eine
kriminelle Vergangenheit und dementsprechend einen rauen Ton am Leib.
Nordirland gegen den Brexit: In Crossmaglen ist keiner für den Brexit
Die Befürworter eines Austritts aus der EU vertreten einen klaren
Standpunkt. Im Grenzgebiet zu Irland ist ein EU-Austritt aber unpopulär.
Die Wahrheit: Zocken mit Jesus
Die Iren sind Wettmaniacs, was nicht wenige Haus und Hof gekostet und nur
die Buchmacher frohgemacht hat.
Die Wahrheit: Dolly und die umgefallenen Bäume
Der neuen irischen Regierung werden diverse Landeier ihr wahrscheinlich
ohnehin kurzes Leben schwermachen.
Die Wahrheit: Engländer sind Krümelmonster
Kaum etwas lieben Briten so sehr wie Kekse. Jetzt ist eine aufschlussreiche
Studie erschienen, die zeigt, wer welchen Keks warum isst.
Die Wahrheit: Karriereknick wegen Tod
Doppelgänger sind oft perfekter als ihre Vorbilder. Manchmal allerdings
kommt es noch schlimmer …
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.