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# taz.de -- Drohnenangriff auf Talibanchef: „Dem Frieden im Wege gestanden“
> Die US-Regierung sagt, der Talibanchef sei „wahrscheinlich“ getötet
> worden. Definitive Klarheit gibt es wohl erst nach Tagen.
Bild: Dieses Foto soll das zerstörte Auto des Talibanchefs Mullah Mansur zeigen
Die USA haben am Samstagabend einen Drohnenschlag gegen den Anführer der
afghanischen Taliban, Mullah Akhtar Mohammed Mansur, ausgeführt, wodurch
dieser „wahrscheinlich“ getötet worden sei. Der Angriff erfolgte kurz
hinter der afghanischen Grenze zu Pakistan in der Provinz Belutschistan im
Gebiet von Dilbandin.
Seither hat eine Kakophonie sich widersprechender Statements eingesetzt.
Afghanistans Regierungschef Abdullah, Geheimdienst und Innenministerium
sowie eine Anti-Mansur-Splitterfraktion der Taliban erklärten Mansur für
tot. Präsident Aschraf Ghani war etwas vorsichtiger und folgte der
US-Verlautbarung. Selbst in Kabul gibt es also keine einheitliche Linie.
Talibansprecher stritten die Meldung hingegen ab.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass Mansur für tot erklärt wird. Der
afghanische Geheimdienst war sich schon im Dezember sicher, Mansur sei bei
einer Schießerei im engsten Führungskreis getötet oder zumindest schwer
verletzt worden. Mansur war erst im vorigen August an die Spitze der
Aufstandsbewegung getreten, nachdem sie den Tod ihres Gründers und
bisherigen Anführers, Mullah Mohammed Omar, nicht länger geheim halten
konnte. Nach anfänglichen Spannungen konsolidierte Mansur aber schnell
seine Führungsposition, die er de facto schon seit 2009 innehatte.
Seine über viele Jahre gefestigte Position ist auch der Grund dafür, dass
es – sollte sein Tod bestätigt werden – ein Nachfolger diesmal schwerer
haben könnte. Kurzfristig könnte die erneute Notwendigkeit, die Nachfolge
zu regeln, Dampf aus der Taliban-Frühjahrsoffensive nehmen.
## Keine Verhandlungspartner
Ob Mansur tot ist oder nicht – der Drohnenangriff auf ihn signalisiert
jedenfalls eine Änderung der US-Politik. Bisher gab es keine
Drohnenangriffe auf afghanische Taliban-Ziele auf pakistanischem
Territorium, sondern lediglich auf das mit den Taliban assoziierte
Haqqani-Netzwerk. Dessen Anführer Seradschuddin Haqqani ist Vizechef der
Taliban. Seine Chancen, Mansur zu ersetzen, dürften aber gering sein: Er
stammt aus einer anderen Region als die meisten Talibanführer und ist
deshalb für sie ein Außenseiter.
Washington hat offenbar die Idee aufgegeben, die Taliban bald an den
Verhandlungstisch bringen zu können. Außenminister John Kerry begründete
den Angriff auf Mansur damit, dass dieser „dem Frieden im Weg gestanden“
habe. Das entspricht der Auffassung der afghanischen Regierung, die die
Taliban nach deren Ablehnung der Verhandlungsangebote als „unversöhnlich“
zum Angriffsziel erklärte.
Zudem versucht der afghanische Geheimdienst schon seit Längerem, die
Taliban-Bewegung zu spalten. Dahinter steht die Hoffnung, dass man die
Taliban insgesamt schwächen, die „Unversöhnlichen“ vernichten und die
„Gesprächsbereiten“ doch noch zum Verhandeln bringen könnte. Das ist ein
gefährliches Spiel – denn dadurch könnte sich auch die Gesamtbewegung
radikalisieren.
22 May 2016
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
Taliban
US-Drohnen
Drohnenangriffe
Schwerpunkt Afghanistan
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Pakistan
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