# taz.de -- Maja und Till über die feministische Antifa: „Der eigene Sexismu… | |
> Am Wochenende findet in Hamburg ein feministischer Antifa-Kongress statt, | |
> der zeigen soll, dass Antifa mehr sein kann, als Straßenkampf. | |
Bild: Will Männerbünde auflösen: feministische Antifa in der Göttinger Inne… | |
taz: Maja und Till, ist Antifa eine männliche Angelegenheit? | |
Maja: Grundsätzlich nicht. Bei antifaschistischer Arbeit geht es darum, | |
Faschismus, Rechtspopulismus und Neonazi-Strukturen zu bekämpfen und ihnen | |
ein eigenes Verständnis davon entgegenzusetzen, wie eine | |
diskriminierungsfreie Welt aussehen soll. | |
Wieso wird die Szene dann trotzdem von Männern dominiert? | |
Till: Wenn man sich anguckt, wen Antifa-Politik anspricht, sind das | |
hauptsächlich Menschen, die sich männlichen Idealen wie Stärke, Macht und | |
Auseinandersetzungsfähigkeit zugehörig fühlen. | |
Woran liegt das? | |
Till: Antifa-Arbeit wird in der Regel nur als direkte Konfrontation mit den | |
Rechten wahrgenommen. Und diese Auseinandersetzung findet meistens auf der | |
Straße statt. | |
Aber ist es nicht genau das, worum es bei Antifa geht: Nazis boxen? | |
Maja: Es geht darum, rechte Strukturen und Ideologien zu bekämpfen. | |
Was bedeutet Antifa denn noch – außer Straßenkampf? | |
Till: Eine gemeinsame politische Idee zu haben. Dass man sich entscheidet, | |
Faschismus in der Gesellschaft anzugehen. | |
Maja: Konkret heißt das auch Bildungsarbeit und Erinnerungsarbeit. Und ein | |
Verständnis dafür aufzubauen, warum Faschismus ein Problem ist. | |
Der Antifa fehlt es also an Bildungsarbeit und deshalb ist eine | |
feministische Antifa nötig. Ist man da nicht wieder bei stereotypen | |
Geschlechterrollen? | |
Maja: Ich sehe Bildung nicht als Frauensache. Darüber hinaus müssen wir | |
davon weg, dass es bei antifaschistischer Arbeit primär um Straßenkampf | |
geht. Denn davon werden hauptsächlich Männer angezogen und so drehen wir | |
uns im Kreis. Wir müssen das Bild der Antifa ändern und da helfen | |
feministische Positionen. | |
Das Ziel der feministischen Antifa ist also nicht, dass künftig mehr Frauen | |
Nazis boxen? | |
Maja: Nein, es geht darum, dass die Antifa Frauen, Homosexuelle, | |
Transmenschen und von Rassismus betroffene Menschen nicht mehr ausschließt. | |
Warum ist das so wichtig? | |
Maja: Erstens, weil es kacke ist, in einer Organisation zu sein, die | |
ausschließend ist. Zweitens können wir uns das nicht leisten. Wir haben | |
einen krassen Rechtsruck in Europa, in Deutschland, in Hamburg. Da können | |
wir es uns nicht leisten, unser eigenes Süppchen zu kochen, weil wir es | |
geil finden, Nazis zu boxen. Wir wollen, dass die Antifa keine Bühne mehr | |
für Selbstdarstellung ist, sondern dass es um die politischen Inhalte geht. | |
Woran macht es sich bemerkbar, dass Antifa zur Bühne für Selbstdarstellung | |
geworden ist? | |
Till: Bei öffentlichen Ereignissen, wenn es darum geht, zu zeigen, dass man | |
eine große, starke Gruppe zusammengekriegt hat. Aber man sieht es auch in | |
Videos, Texten, auf Stickern, wo hauptsächlich Männer abgebildet sind und | |
gezeigt wird, dass man es geschafft hat, Nazis von der Straße wegzukriegen. | |
Maja: Man sieht es auch daran, wie geredet wird. Es geht viel darum, die | |
Stärke der eigenen Subkultur darzustellen. Zentrale Elemente sind Gewalt, | |
Stärke, Durchsetzungsfähigkeit. Ganz wichtig ist die Abwertung des | |
politischen Feinds als feige, hinterhältig, schlecht. | |
Und das ist typisch männlich? | |
Maja: Ja, und das sind auch Elemente, die sich in der faschistischen | |
Ideologie wiederfinden. Wenn beispielsweise das Leben von Nazis als nicht | |
lebenswert abgewertet wird. | |
Antifa hat also faschistoide Züge? | |
Maja: Ich will nicht sagen, dass Antifa faschistische Strukturen | |
reproduziert, sondern nur, dass es gefährlich ist, wenn man sich nicht mit | |
faschistischer Ideologie auseinandersetzt, sondern es nur um die | |
Auseinandersetzung mit dem politischen Feind geht. | |
Ist Sexismus ein Thema in Antifa-Kreisen? | |
Till: Ja, aber die Auseinandersetzung läuft unserer Meinung nach auf einem | |
zu niedrigen Niveau. | |
Maja: Häufig ist es ein Mit-dem-Finger-auf-andere-zeigen. Der eigene | |
Sexismus wird selten reflektiert. Eher so nach dem Motto: Ich habe einen | |
Sexisten gehauen! Da sind wir wieder bei der Bühne. | |
Wieso dürfen auch Männer zum heute beginnenden feministischen | |
Antifa-Kongress in Hamburg kommen? | |
Maja: Es sollen sich nicht nur Frauen mit Feminismus beschäftigen. Wir | |
wollen ja Männer dazu bringen, Sexismus zu reflektieren und einen anderen | |
Umgang mit dem Patriarchat zu finden. Und sie dazu bringen, ihre | |
Privilegien abzugeben. Wir streben eine Antifa-Bewegung an, in der sich | |
Leute wohlfühlen, die sich nicht dem binären Geschlechtersystem zuordnen. | |
Geht Feminismus nicht ohne Männer? | |
Maja: Wenn es darum gehen soll, Frauen in Führungspositionen zu bringen, | |
braucht man nicht unbedingt Männer. Aber wir wollen nicht nur patriarchale | |
Mechanismen, sondern alle Unterdrückungsmechanismen abschaffen. Das ist | |
einfacher, wenn die Leute, die die Privilegien innehaben, das verstehen und | |
bereit sind, sie abzugeben. | |
20 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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