| # taz.de -- Kommentar „Breaking the Silence“: Was niemand wissen soll | |
| > Gegen das armeekritische Bündnis „Breaking the Silence“ wurde in Israel | |
| > ein Verfahren eröffnet. Der Staat ist verunsichert. | |
| Bild: Das Büro von „Breaking the Silence“ in Tel Aviv | |
| Israels Militärgerichte verfolgen die schwarzen Schafe in den eigenen | |
| Reihen. Plünderer werden zur Verantwortung gezogen, und auch wer sich bei | |
| Vandalismus beobachten lässt oder gar bei gezielter Körperverletzung an | |
| Unschuldigen, läuft Gefahr, anschließend dafür büßen zu müssen. Nach jedem | |
| Krieg sind es immer ein paar Soldaten, eine Handvoll, vielleicht mal ein | |
| Dutzend, die es erwischt – ein Bruchteil derer, die einen Prozess | |
| verdienten. | |
| Die Nichtregierungsorganisation „Breaking the Silence“ (das Schweigen | |
| brechen) deckt auf, was der Staat der zivilen Öffentlichkeit gern | |
| vorenthielte. Vandalismus und Menschenrechtsverletzungen sind in der | |
| israelischen Armee keine Ausnahmen. Sie gehören zum Alltag in den besetzen | |
| Palästinensergebieten. | |
| Die Aktivisten von „Breaking the Silence“, allesamt Reservisten der Armee, | |
| sind glaubwürdig, denn die Zeugen, die die NGO befragt, belasten sich | |
| selbst. Sie weigern sich, teilzuhaben an dem selbstherrlichen Mythos einer | |
| Armee, die sich eine „Reinheit der Waffe“ zuschreibt. Sie decken Missstände | |
| auf. Nur mit Soldaten wie den Reservisten von „Breaking the Silence“ hat | |
| die Armee eine Chance, sich von den schwarzen Schafen zu befreien. | |
| Die meisten der Soldaten, die ihre Erlebnisse schildern, tun es anonym, | |
| weil sie vielleicht die Verfolgung scheuen, sicher aber ihre Kameraden, die | |
| sie als Verräter beschimpfen könnten. Die Aussicht, eines Tages als Quelle | |
| entlarvt zu werden, kann allein schon ausreichen, um weitere Zeugen | |
| abzuschrecken. Nichts anderes scheint das Ziel derer zu sein, die „Breaking | |
| the Silence“ nun vor Gericht zitieren. Wie jetzt bekannt wurde, will ein | |
| israelisches Gericht die NGO zwingen, ihre Quellen offenzulegen. Am Sonntag | |
| soll es dazu eine entsprechende Anhörung geben. | |
| Der Kampf des Staates gegen die Kritiker der Besatzung ist Signal für eine | |
| Verunsicherung. Wer sich im Recht weiß, muss Kritik nicht fürchten. Die NGO | |
| der Reservisten sollte rechtlich denselben Schutz genießen wie | |
| Journalisten, die ihre Quellen selbst dann nicht preisgeben müssen, wenn es | |
| der Verbrechensbekämpfung dient. „Breaking the Silence“ leistet mit den | |
| Dokumentationen der Zeugenaussagen journalistische Arbeit. Wenn die | |
| Regierung öffentliche Kritik unterbindet, ist es um die Demokratie im Land | |
| nicht weit her. | |
| 19 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Knaul | |
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