# taz.de -- Wahlen in Großbritannien: Regionalregierungen schwächeln | |
> In Schottland hat die SNP ihre Mehrheit eingebüßt, in Wales die | |
> Labour-Partei ebenso. In England verlor Labour weniger Sitze als | |
> erwartet. | |
Bild: Gewonnen aber ohne Mehrheit: SNP-Chefin Nicola Sturgeon | |
DUBLIN taz | Bei den Wahlen zu den Regionalparlamenten in Schottland und | |
Wales haben beide Regierungsparteien die absolute Mehrheit verpasst. Die | |
separatistische Scottish National Party (SNP) verlor überraschend sechs | |
Sitze und kam nur noch auf 63 Mandate – zwei zu wenig für die absolute | |
Mehrheit. | |
Das bedeutet, dass es der SNP schwerfallen dürfte, auf absehbare Zeit ein | |
zweites Unabhängigkeits-Referendum durchzusetzen. Parteichefin Nicola | |
Sturgeon hatte angekündigt, im Falle einer Mehrheit für den Brexit – den | |
Austritt aus der Europäischen Union beim britischen Referendum am 23. Juni | |
– den Schotten zügig einen neuen Volksentscheid über die Unabhängigkeit | |
anzubieten. | |
Hinter der SNP etablierten sich die Tories als stärkste Oppositionspartei | |
in Edinburgh mit 31 Sitzen – mehr als doppelt so viele wie bei der Wahl vor | |
fünf Jahren. Dabei war es mit ihnen in Schottland seit der Regierungszeit | |
von Margaret Thatcher stetig bergab gegangen, bei den britischen | |
Unterhauswahlen konnten sie seit 20 Jahren höchstens einen Sitz ergattern. | |
Ihre Wiederauferstehung ging auf Kosten der Labour Party, die mit 24 | |
Mandaten auf den dritten Platz abrutschte. Bis 2007 hatte sie im | |
schottischen Parlament noch die Mehrheit gestellt, und bis zu den | |
britischen Parlamentswahlen im vergangenen Jahr hatte Labour die meisten | |
Unterhaus-Abgeordneten nach Westminster entsandt. | |
Auch in Wales musste Labour Verluste hinnehmen, ist aber mit 29 Sitzen nach | |
wie vor die stärkste Partei. Die absolute Mehrheit hat sie jedoch um zwei | |
Mandate verfehlt. Größte Oppositionspartei bleibt die nationalistische | |
Plaid Cymru knapp vor den Tories. Die rechtspopulistische United Kingdom | |
Independence Party (Ukip) kam in Wales auf sieben Sitze. Einer davon ging | |
an Neil Hamilton, den der Korruption überführten früheren | |
Tory-Abgeordneten. Parteichef Nigel Farage sprach von einem „historischen | |
Durchbruch“ in Wales. | |
## Debatte über Jeremy Corbyn? | |
Bei den Kommunalwahlen in England hielten sich die Verluste für Labour in | |
Grenzen. Statt der prophezeiten 150 Mandate büßte die Partei nur rund 50 | |
ein. Es ist allerdings das erste Mal seit 30 Jahren, dass eine | |
Oppositionspartei bei Kommunalwahlen an Boden verloren hat. | |
Londons aus dem Amt scheidender Bürgermeister Boris Johnson, der | |
prominenteste Brexit-Fürsprecher, sagte: „Ich nehme an, dass nun eine | |
Debatte über die Position des Labour-Chefs Jeremy Corbyn einsetzen wird.“ | |
Corbyn war im vorigen Herbst von der Parteibasis gewählt worden, doch die | |
Mehrheit der Fraktion und auch der Medien ist gegen ihn. | |
Ein Trostpflaster sind für Corbyn die Unterhaus-Nachwahlen in Ogmore und | |
Sheffield am Donnerstag, bei denen Labour erwartungsgemäß die Sitze | |
verteidigen konnte, ohne jedoch an Stimmen zuzulegen. | |
Bei der Wahl des Londoner Bürgermeisters und Nachfolgers von Johnson galt | |
der Labour-Kandidat Sadiq Khan als Favorit. Der 45-jährige wäre der erste | |
muslimische Bürgermeister der englischen Hauptstadt. Da die Wahlhelfer nach | |
Schließung der Wahllokale ins Bett gegangen sind und mit der Auszählung der | |
Stimmen erst am Freitagmorgen begannen, wird das amtliche Endergebnis gegen | |
Abend erwartet. | |
6 May 2016 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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