| # taz.de -- Alte Militäreinrichtungen in Albanien: Schwerter zu Pflugscharen | |
| > Der Staat nutzt Atombunker, Festungen und Kampfjets als | |
| > Touristenattraktionen. Das kommunistische Erbe wird zu Geld gemacht. | |
| Bild: In dieser exklusiven Bunkersuite durfte der Minister residieren | |
| Tirana ap | Ein einst streng geheimer Atombunker der kommunistischen | |
| Führung soll in Albanien zur Touristenattraktion werden. Das ist Teil einer | |
| Aktion nach dem Motto Schwerter zu Pflugscharen, bei der die sozialistische | |
| Regierung neue Nutzungsmöglichkeiten für alte Militäreinrichtungen sucht. | |
| So soll auch eine ehemalige Festung auf einer Insel für Besucher geöffnet | |
| werden. Ausgemusterte Kampfflugzeuge sowjetischer und chinesischer Bauart | |
| werden versteigert. | |
| Der kleine Balkanstaat verfügt über zahlreiche inzwischen überflüssige | |
| militärische Einrichtungen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als ein | |
| kommunistisches Regime rund 50 Jahre lang mit eiserner Hand regierte. Aus | |
| Furcht vor einer Invasion ließ die Führung in Tirana landesweit etwa 700 | |
| 000 Betonbunker verschiedenster Größe bauen. Als Feinde galten | |
| Imperialisten, landhungrige Nachbarn und sogar andere kommunistische | |
| Länder, die als ideologisch unsicher eingestuft und als Sozialimperialisten | |
| betitelt wurden. | |
| Ein Vierteljahrhundert nach dem Sturz der Kommunisten gibt es die meisten | |
| der Bunker noch immer. Die größeren von ihnen dienen als Schafställe, Bars, | |
| Restaurants, öffentliche Toiletten, verstohlene Liebesnester und sogar als | |
| Wohnungen. Ein besonders stattliches Exemplar, fünf Stockwerke tief in den | |
| Untergrund am Rand der Hauptstadt Tirana gebaut, sollte die albanische | |
| Heeresführung vor einem Atomangriff schützen. Der Bunker wurde vor zwei | |
| Jahren für die Öffentlichkeit freigegeben, dann aber aus Geldmangel wieder | |
| geschlossen. Die Neueröffnung ist für diesen Sommer geplant. | |
| Sein kleineres Gegenstück unter dem Innenministerium in der Innenstadt von | |
| Tirana soll in ein Museum der kommunistischen Ära umgewandelt werden. Die | |
| konservative Opposition beschwerte sich bereits darüber, dass die | |
| regierenden Sozialisten versuchten, die dunkle Vergangenheit des Landes zu | |
| glorifizieren. | |
| Der Geheimbunker wurde Anfang der 1980er Jahre gebaut, um den Beschäftigten | |
| des Ministeriums Schutz zu bieten. Auron Tare von der staatlichen | |
| Tourismusbehörde versichert, die Umwandlung des Bunkers in ein Museum solle | |
| die Geschichte des Landes bewahren. „25 Jahre nach dem Fall des Kommunismus | |
| haben die jüngeren Generationen keine Ahnung davon, wie dieses Regime | |
| wirklich war“, sagt Tare. „Das kollektive Gedächtnis über das | |
| kommunistische Regime, das so großen Einfluss auf das Leben im Land hatte, | |
| wird rasch ausgelöscht.“ | |
| ## Angriff auf den Bunker | |
| Der 1000 Quadratmeter große Bunker hat dicke, verstärkte Mauern, um einem | |
| Atomangriff standzuhalten. Maschinen sollten sicherstellen, dass die | |
| Atemluft im Fall eines Angriffs nicht radioaktiv verseucht würde. | |
| Generatoren lieferten Strom, Wasser kam aus einem Brunnen innerhalb des | |
| Gebäudes. Die alte Klimaanlage ostdeutscher Bauart funktioniert noch immer. | |
| Die Büros dienten auch als Schlafsäle und waren mit eisernen Tischen und | |
| Betten ausgestattet. Der Minister hatte eine kleine, holzvertäfelte Suite | |
| für sich allein. Dazu zählten ein kleiner Raum für seine Sekretärin, ein | |
| Schlafzimmer und ein Bad sowie eine Hotline zur Parteiführung. Die | |
| Öffentlichkeit soll noch in diesem Jahr Zutritt erhalten. | |
| Doch das Vorhaben ist umstritten. Eine von der konservativen Demokratischen | |
| Partei organisierte Demonstration führte Ende letzten Jahres zu Tumulten | |
| vor dem Innenministerium. Demonstranten versuchten, den kleinen Nachbau | |
| eines Bunkers zu zerstören, der als Zugang zu dem Schutzraum dienen soll. | |
| Der Architekt Artan Shkreli, der an dem Bunkerprojekt mitwirkt, bezeichnet | |
| die Kritik als absurd. Erfreut ist er aber darüber, dass der neue Eingang | |
| dem Angriff standhielt. „Hunderttausende Bunker, die vom kommunistischen | |
| Regime gebaut wurden, wurden nie einem Test unterzogen“, sagt er. „Dieser | |
| falsche Bunker hat den Test bestanden!“ | |
| 2 May 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Nina Sündermann | |
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